Debatte um EU-Richtlinie Berlin will wohl Wärmedämmungsregeln aufweichen
Die EU will die Wärmedämmung effizienter machen und dazu unter anderem Mindeststandards einführen. Hatte die Bundesregierung das Vorhaben anfangs noch mitgetragen, scheint sich das nun geändert zu haben.
Es ist im Grunde die Fortsetzung der deutschen Debatte über einen angeblichen Wärmepumpenzwang und weitere Vorschriften zum Heizen in privaten Häusern und Wohnungen auf europäischer Ebene.
Nur, dass es dieses Mal nicht ums Heizen direkt geht, sondern um die Wärmedämmung von Gebäuden. Die möchte die Europäische Union in den nächsten Jahren nämlich optimieren. Hintergrund ist das so genannte fit-for-55-Programm, mit dem die CO2-Emissionen europaweit bis 2030 um 55 Prozent reduziert werden sollen.
EU-Kommission will mehr Wärmedämmung
"Der Gebäudesektor ist hier eben sehr zentral für die Erreichung der EU-Klimaziele und das Gelingen der Energiewende und auch das Überwinden der Energiekrise" sagt Lioba Donner vom Deutschen Naturschutzring. Gebäude machten 40 Prozent des EU-Energieverbrauchs aus und 36 Prozent der Treibhausgasemissionen.
Der Deutsche Naturschutzring ist eine Nicht-Regierungsorganisation, die ausdrücklich unterstützt, was die EU-Kommission will: Mehr Wärmedämmung. Geregelt werden soll das europäisch mit der sogenannten Gebäudeeffizienzrichtlinie.
Für die Grüne Europaparlamentarierin Jutta Paulus ist das der richtige Weg, denn: "Die beste Energie ist die, die wir gar nicht erst verbrauchen", meint sie – und das könnte mit einer Sanierung von Gebäuden in großem Umfang erreicht werden.
Wort vom Sanierungszwang macht wieder die Runde
Das sehen allerdings nicht alle so, im Gegenteil. Schon macht wieder das Wort vom Sanierungszwang die Runde, und der CDU-Europaabgeordnete Christian Ehlert zum Beispiel bemängelt, dass die EU-Kommission mit ihrem Vorhaben deutlich zu weit gehe - etwa, indem sie für alle Gebäude in der gesamten Europäischen Union die gleichen Standards vorschreiben wolle.
"Der One-fits-all-Ansatz unterschlägt die erheblichen Unterschiede zwischen städtischen und ländlichen Region in Europa, und er ist im Grunde genommen eine Überregulierung", so Ehlert.
Das finden auch viele aus der Gebäudewirtschaft, Grundstückseigentümer, Hausbesitzerinnen. Schon wieder werde man da staatlicherseits, diesmal auch noch von Brüssel, zu teuren Sanierungsmaßnahmen gezwungen. Das gefährde die gesamte Branche.
Kursänderung der Bundesregierung
Tatsächlich sieht die Richtlinie vor, dass in einem ersten Schritt bis 2033 zunächst einmal alle Gebäude mit der schlechtesten Energie-Effizienzklasse auf einen deutlich besseren Standard gebracht werden, einen Mindeststandard.
Pro Jahr entspreche das in Deutschland einer Sanierungsrate von zwei Prozent des gesamten Immobilienbestandes, heißt es aus der Kommission. Deutschland hat diesen Kurs - als man ihn auch zwischen den Mitgliedsstaaten verabredet hat - mitgetragen und ausdrücklich unterstützt.
Inzwischen sei die Linie der Bundesregierung aber eine andere, hört man in Brüssel. Vielleicht sei der innenpolitische Druck zu groß geworden. Berlin wolle jetzt keine Mindeststandards mehr, sondern allenfalls einen bestimmten Durchschnitts-Effizienzwert für ganze Siedlungen.
Kritik an Berlin wächst
Elisabeth Staudt von der Deutschen Umwelthilfe hat dafür auch mit Blick auf die Beteiligung der Grünen an der Bundesregierung wenig Verständnis. Der "Wackelkurs" der Bundesregierung führe nicht nur dazu, dass das Instrument scheitere, "sondern die Effizienzrichtlinie insgesamt". Es sei auch für andere europäische Akteure eine schwierige Sache, "wenn ein großer Mitgliedsstaat wie Deutschland, der auch immer Klimapolitik aktiv mit voran gebracht hat, hier jetzt signalisiert, dass eine Unterstützung von dieser Seite nicht mehr kommen wird".
In diesen Tagen werden in Brüssel die Verhandlungen darüber zwischen den Mitgliedsstaaten, der Kommission und dem EU-Parlament vorbereitet. Eigentlich sollte die Gebäudeeffizienzrichtlinie zum Jahresende beschlossene Sache sein - als ein weiterer zentraler Teil des europäischen "Green Deals". Danach sieht es zumindest im Moment allerdings nicht mehr aus.