Fördergelder aus Brüssel Wie die EU die Palästinenser finanziert
Gehälter, Pensionen, Sozialhilfe: Für die palästinensische Autonomiebehörde gilt die EU als wichtigster Geldgeber. Doch der politische Einfluss Brüssels bleibt gering - und die Kritik an Palästinenser-Präsident Abbas wächst.
Im Juli kam eine Art Ordnungsruf aus dem Europäischen Parlament: In strengem Ton forderten Abgeordnete die Brüsseler Kommission auf, sie solle bitte dafür sorgen, dass Hilfsgelder in Millionenhöhe für die Palästinenser besser kontrolliert werden.
Die Forderung hat einen Grund. Die Europäische Union ist nach eigenen Angaben weltweit der größte Geldgeber für die palästinensische Autonomiebehörde. Die Quasi-Regierung in Ramallah könnte ohne die EU-Hilfen kaum funktionieren. In der aktuellen Periode von 2021 bis 2024 fließen nach Angaben der EU-Kommission rund 1,2 Milliarden Euro aus Europa in die Palästinensergebiete.
Auch Vereinte Nationen zahlen Hilfsgelder
Deutschland trägt bei solchen Leistungen in der Regel mehr als ein Fünftel. Der größte Teil dieser Fördermittel aus Brüssel geht in die Bezahlung von Gehältern und Pensionen der Autonomiebehörde in Ramallah. Allein im Jahr 2022 wurden dafür 55 Millionen Euro verwendet.
Hohe Millionensummen gehen regelmäßig auch in die Sozialhilfe für besonders Bedürftige in den palästinensischen Gebieten. Für Flüchtlinge kamen in der jüngsten Berechnungsperiode von 2017 bis 2020 noch einmal 159 Millionen aus dem EU-Haushalt dazu, das Geld wird über das Hilfswerk der Vereinten Nationen ausgezahlt.
Unter anderem Korruptionsvorwürfe gegen Abbas
Seit Jahren gibt es in Brüssel Zweifel an der Politik von Mahmoud Abbas, Präsident der Autonomiebehörde. Zu Mittelkürzungen kam es trotzdem nicht. Der 87-Jährige weigert sich beharrlich, Wahlen durchzuführen - obwohl die eigentlich eine Bedingung für die Unterstützung durch die EU sind. Zuletzt wurde vor 18 Jahren gewählt.
Kritiker beschuldigen Abbas der Korruption - er blähte die Palästinenserbehörde immer wieder mit zusätzlichen Stellen auf. Die israelische Regierung wirft der EU darüber hinaus vor, dass Fördergelder regelmäßig an die Familien von Terrorattentätern gehen. Die Rede ist von sogenannten "Märtyrerrenten" - Geld für die Hinterbliebenen von Palästinensern, die Israelis getötet haben.
Eklat im Kanzleramt
Hinzu kommt, dass Abbas mehrfach öffentlich den Holocaust relativierte. Vor gut einem Jahr auch im Berliner Kanzleramt. In der Pressekonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz sagte Abbas ohne jeden Anflug von Zweifeln, Israel habe "bis zum heutigen Tag 50 Massaker in 50 palästinensischen Dörfern und Städten verübt" und fügte dann noch hinzu: "50 Massaker, 50 Holocausts".
Dass Abbas gestern den Terror der Hamas ausdrücklich rechtfertigte, dürfte auch in Brüssel die Frage nach dem Umgang mit den Millionen-Überweisungen aus Europa wieder auf die Tagesordnung setzen.