Initiative der EVP-Fraktion EU-Parlament will Wolfsschutz ändern
Eine Mehrheit im EU-Parlament fordert in einer Resolution die Europäische Kommission auf, die EU-Wolfsstrategie neu zu bewerten. Ihr Hauptargument ist, dass der Wolf nicht mehr vom Aussterben bedroht sei.
Die Initiative ging von der EVP im EU-Parlament aus. Die größte Fraktion, zu der auch die deutschen Unionsparteien gehören, fordert seit einem Jahr die sogenannte Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie, kurz FFH-Richtlinie, zu überarbeiten, damit der Wolfsbestand stärker reguliert werden kann.
Dies sei dringend nötig, weil zunehmend mehr Landwirte den Verlust von Nutztieren beklagen, sagt der CDU-Europaabgeordnete Jens Gieseke. Ihm zufolge wurden 2020 deutschlandweit 3374 Schafe, Ziegen, Rinder und andere Nutztiere getötet, verletzt oder als vermisst gemeldet, während sich Brüssel und Berlin gegenseitig die Verantwortung zuschieben.
"Den Viehhaltern vor Ort hilf diese Politik überhaupt nicht. Wer die Risse bei Schafherden, Fohlen oder auch bei anderen Tieren sieht, der weiß: Es ist fünf nach zwölf." Die EU-Kommission müsse jetzt handeln, so Gieseke: "Sie muss den Schutzstatus ändern, damit ein Bestandsmanagement in den Regionen möglich wird. Das fordern alle, die sich in Niedersachsen, Brandenburg oder Sachsen mit dieser Thematik beschäftigen."
SPD wirft Union Angstkampagne vor
Von reiner Angstpolitik spricht die SPD-Europaparlamentarierin Delara Burkhardt. Mit den vorhandenen Regeln sei es gut möglich, nachhaltige Viehzucht und die Erhaltung geschützter Großraubtiere miteinander in Einklang zu bringen. "Die EVP, angeführt von der CDU/CSU macht hier eine reine Angstkampagne, die nichts mit der Realität zu tun hat. Die Konservativen spielen hier gezielt Landwirtschaft und Naturschutz gegeneinander aus. Dabei ist die Rückkehr des Wolfes ein ganz klares Zeichen, dass europäische Naturschutzpolitik wirkt."
Das sieht der österreichische EU-Abgeordnete Thomas Waitz genauso. Der Co-Vorsitzende der Europäischen Grünen-Partei argumentiert, dass man trotz der wachsenden Wolfspopulation nicht von einem günstigen Erhaltungszustand sprechen kann. Das aber wäre eine Voraussetzung, um den Schutzstatus in der FFH-Richtlinie zu überarbeiten.
"Herabstufung des Schutzstatus ist eine Scheinlösung"
Außerdem ermögliche die Richtlinie bereits jetzt die Koexistenz zwischen Menschen und Wölfen: "Es gibt im Rahmen der Habitat-Richtlinie heute alle Möglichkeiten, Problemwölfe auch zu entnehmen. Die Herabstufung des Schutzstatus wird keine Probleme für die Bäuerinnen und Bauern lösen, sondern ist eine Scheinlösung, die darauf abzielt, den Wolf einfach abschießen zu können und wieder in vielen Gebieten so stark zurückzudrängen oder mitunter sogar auszurotten, sogenannte wolfsfreie Zonen."
Natürlich sei der Wolf eine besonderen Herausforderung für alle, die Weidewirtschaft betreiben. Doch gebe es im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und des europäischen Naturschutzprogramms die Möglichkeit, 100 Prozent aller Herdenschutzmaßnahmen zu finanzieren. Allerdings, so lässt die EU-Kommission mitteilen, würden diese Möglichkeiten bisher von vielen Mitgliedsstaaten nur unzureichend genutzt.
Schätzungen gehen davon aus, dass in der EU etwa 19.000 und im Großraum Europa 21.500 frei lebende Wölfe gibt.