Proteste gegen Tagebau Turówv EU-Abgeordnete gegen Polens Kohlepolitik
Polen hat die Laufzeit für den Tagebau Turów bis 2044 verlängert. Dagegen wehren sich 37 EU-Parlamentarier und NGO-Vertreter. Sie fürchten gravierende Folgen für die Menschen in der Region.
Die Kommission müsse endlich das europäische EU-Recht durchsetzen und die Bürger vor Ort schützen. Das fordern in einem Brief 37 EU-Parlamentarier, von denen einige, wie der Tschechische Abgeordnete Mikuláš Peksa, sich am Freitagvormittag vor dem Sitz der EU-Kommission versammelten:
"Das Problem ist, dass der Kohleabbau in Turów, die Wasserversorgung in der tschechischen Stadt Liberec beschädigt oder die Städte daneben und auch in Sachsen." Das ganze Problem laufe an der Grenze zwischen Tschechien, Polen und Deutschland. Und deswegen sei die Europäische Kommission natürlich die Autorität. "Die sollte natürlich eine friedliche Lösung finden", so Peksa.
Brüssel soll einschreiten
Von der Kommission wurden die Parlamentariergruppe allerdings ignoriert, was nicht nur die Grünen-Politikerin Anna Cavazzini ärgerte. In Sachen Turów mache die Kommission zu wenig, obwohl sie selbst mehrfach die Rechtverstöße bestätigt und Polen zu einer besseren Zusammenarbeit aufgefordert hatte: "Aber wir sehen mit der Verlängerung der Lizenz bis 2044 von der polnischen Seite, dass es nicht geklappt hat." Sie verlange deshalb von der Kommission, dass diese "jetzt mal richtig einschreitet und auch den Bruch der europäischen Gesetzgebung, der vorliegt, ahndet und ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen einleitet."
Warschau argumentiert, dass mit dem fortgesetzten und erweiterten Kohleabbau, der Betrieb des nahegelegenen Kraftwerks gesichert werden soll, das wichtig sei, um den nationalen Energiebedarf abzudecken.
"Haltung nicht akzeptabel"
Für Riccardo Nigro ist das der falsche Ansatz. Er ist Koordinator des Europäischen Umweltbüros, dem Dachverband von über 160 Umweltorganisationen: "In einer Zeit, in der die EU versucht, klimaneutral zu werden, ist diese Haltung nicht akzeptabel. Denn so lassen sich die gerade verabschiedeten EU-Klimaziele wie Senkung des Treibhausgasausstoß bis 2030 um 55 Prozent, nicht erreichen. Wir wollen deshalb, dass Polen statt auf Kohle, auf erneuerbare Energien setzt."
Tagebau-Ausbau: Tschechien verklagt Polen
Hoffnungsvoll sehen die Umweltaktivisten und Politiker auch auf ein bereits laufenden Verfahren. So hat Tschechien Klage gegen den Ausbau des Braunkohletagebaus vor dem Europäischen Gerichtshof - EuGH eingereicht. Es ist das erste Mal in der Geschichte der EU, dass ein Mitgliedstaat einen anderen Mitgliedstaat wegen Umweltverstößen verklagt.
Dazu sagt die sächsische EU-Parlamentarierin Anna Cavazzini: "Ich weiß nicht, wann mit einem Ergebnis zu rechnen ist. Aber auf jeden Fall ist es ein sehr starker Hebel, den die tschechische Regierung gezogen hat." Es könne schon sein, dass die europäische Gerichtsbarkeit am Ende entscheide, dass es illegitim sei, so Cavazzini.
Prag hofft auf Abbaustopp
Prag hofft auf eine einstweilige Verfügung und einen Abbaustopp, solange das Verfahren vor dem EuGH in Luxemburg läuft. Bis Ende Mai hätte die Bundesregierung noch Zeit sich der Klage als so genannte Streithelferin anzuschließen, was mehr als nur symbolische Bedeutung hätte.