Möglicher Interessenkonflikt Kritik an designierter EU-"Chefberaterin"
Eine ehemalige hochrangige Beamtin der Obama-Administration soll die EU-Kommission beim Umgang mit Tech-Konzernen beraten. Für diese war Fiona Scott Morton jedoch ebenfalls tätig. Kritiker befürchten Interessenkonflikte.
Mit Fiona Scott Morton hat die EU-Kommission eine ehemalige hochrangige Beamtin der US-Regierung unter Ex-Präsident Barack Obama als Beraterin für Wettbewerbsfragen und den Umgang mit Tech-Konzernen engagiert. Sie werde die für diese Themen zuständige Kommissionsvizepräsidentin Margrethe Vestager beraten, sagte eine Sprecherin der Behörde.
Ihren Posten als "Chefökonomin" in der Generaldirektion Wettbewerb soll sie am 1. September antreten. Scott Morton war von Mai 2011 bis Dezember 2012 leitende Wirtschaftsanalystin in der Kartellabteilung des US-Justizministeriums, später arbeitete sie als Beraterin für große Tech-Konzerne wie Apple und Microsoft. Brüssel hat in den vergangenen Jahren Rekordstrafen gegen einige Konzerne verhängt.
Breite Kritik gegen Berufung
Christdemokraten, Sozialdemokraten, Grüne und Liberale im EU-Parlament haben Wettbewerbskommissarin Vestager nun aufgefordert, die Berufung Scott Mortons rückgängig zu machen.
Die vier Fraktionschefs äußerten in einem offenen Brief Unverständnis und Besorgnis angesichts möglicher Interessenkonflikte. Sie nennen es nicht nachvollziehbar, dass angesichts besonderer Wachsamkeit der EU-Institutionen gegenüber Einmischungen von außen eine Nicht-EU-Kandidatin eine so herausgehobene Position bekleiden soll. Auch mehrere französische Ministerinnen und Minister zeigten sich besorgt.
Kommission weist Befürchtungen zurück
Die EU-Kommission sieht in der Ernennung jedoch kein erhöhtes Risiko für Interessenkonflikte. Zuvor sei sorgfältig geprüft worden, ob Scott Morton "ein persönliches Interesse hat, das ihre Unabhängigkeit beeinträchtigen könnte", sagte die Kommissionssprecherin. Zudem dürfe Morton in den ersten zwei Jahren ihrer Amtszeit keine Fälle bearbeiten, die Unternehmen betreffen, die sie früher beraten hat.
In Frankreich löste die Personalie dennoch einen Sturm der Entrüstung aus, Politiker aller Parteien kritisierten neben der Nähe der neuen Chefökonomin zum Tech-Sektor vor allem ihre Nationalität. Von einem "Skandal" ist die Rede, bis hin zu einer "Annexion unseres Kontinents durch die Nordamerikaner". Außenministerin Catherine Colonna schrieb auf Twitter: "Die Internet-Regulierung ist eine zentrale Frage für Frankreich und für Europa." Die EU-Kommission müsse die Nominierung deshalb "überdenken".
Die Kommission begründete die Besetzung des Postens mit einer Nicht-EU-Bewerberin mit den "sehr spezifischen Kenntnissen, die erforderlich sind". Scott Morton "hat sich unter den Bewerbern als die beste Wahl erwiesen, sowohl was ihre Qualifikationen als auch ihre Leistungen während des Einstellungsverfahrens betrifft", sagte die Sprecherin.
Mit Informationen von Jakob Mayr, ARD-Studio Brüssel