Flucht über das Mittelmeer EU-Kommission fordert mehr Zusammenarbeit
Nach einem heftigen Streit zwischen Italien und Frankreich über die Aufnahme von Migranten haben die EU-Innenminister getagt. Eine Lösung ist nicht in Sicht. Die EU-Kommission forderte zu mehr Zusammenarbeit auf.
Angesichts des starken Anstiegs der Migration über das Mittelmeer hat die Europäische Kommission die Regierungen der EU-Staaten zu mehr Zusammenarbeit aufgerufen. Ein zentraler Punkt sei es, die Solidarität und die Lastenteilung zu verbessern, sagte der für Migration zuständige Kommissionsvizepräsident Margaritis Schinas bei einem Krisentreffen der Innenminister in Brüssel.
Zudem seien eine bessere Zusammenarbeit bei Rettungseinsätzen für Migranten und eine bessere Kooperation mit Herkunfts- und Transitländern wichtig. Bei dem Krisentreffen in Brüssel sollte vor allem versucht werden, den Streit über die Aufnahme von Bootsflüchtlingen zu entschärfen, die von Schiffen von Hilfsorganisationen im Mittelmeer aufgenommen und dann in Richtung EU gebracht werden.
Frankreich bleibt hart
Italien hatte zuletzt einem solchen Schiff die Einfahrt in einen Hafen verweigert, worauf es nach Frankreich weiterfuhr. Die Regierung in Paris war darüber empört und verwies darauf, dass Rettungsschiffe ein Recht darauf hätten, in den nächstgelegenen sicheren Hafen zu fahren.
Frankreich blieb bei dem Treffen hart gegenüber Rom. Solange die rechtsgerichtete italienische Regierung die Häfen nicht für Rettungsschiffe öffne, werde Frankreich nicht wie zugesagt Tausende Migranten von Italien übernehmen, sagte der französische Innenminister Gérald Darmanin. Darmanin warf Italien vor, mit der Schließung seiner Häfen für Rettungsschiffe wie zuletzt die "Ocean Viking" das "Seerecht zu missachten". Damit gebe es für Frankreich wie auch für Deutschland "keinen Grund", wie zugesagt je 3500 Menschen von Italien zu übernehmen.
Wir müssen aus einer Situation herauskommen, in der dieselben Staaten aufgerufen sind, Schiffe aufzunehmen und Umsiedlungen aus anderen Mitgliedstaaten durchzuführen.
Italien fordert mehr Unterstützung
Italien kritisierte hingegen mangelnde Solidarität anderer EU-Staaten in der Flüchtlingspolitik und forderte mehr Unterstützung. Zudem wurde den Besatzungen von Rettungsschiffen vorgeworfen, mit ihrem Einsatz im Mittelmeer das Geschäft von Schleuserbanden zu fördern. Diese brachten zuletzt vor allem Menschen aus Tunesien, Ägypten und Bangladesch auf den lebensgefährlichen Weg in Richtung EU.
System zur Umverteilung
Der griechische Minister für Einwanderung und Asyl, Notis Mitarachi, forderte ein verpflichtendes System zur Umverteilung von Geflüchteten. "Wir reden schon zu lange über eine europäische Lösung für die Migrationskrise", sagte er in Brüssel. Nun müsse es "Resultate" geben. Der EU ist es seit 2015 nicht gelungen, sich auf verbindliche Aufnahmeregeln zu einigen.
Bessere Zusammenarbeit mit Herkunftsländern
Grundlage der Gespräche der Innenminister war ein Aktionsplan, den die EU-Kommission am vergangenen Montag vorgelegt hatte. Er sieht insbesondere vor, die Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Durchreiseländern zu intensivieren und in Nordafrika ein neues Programm gegen Menschenschmuggel zu starten. Für den Einsatz von privaten Seenotrettungsschiffen, die immer wieder Hunderte Migranten in europäische Häfen bringen, könnte es einen speziellen Rahmen und Richtlinien der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation geben.
Zudem soll der freiwillig von rund 20 EU-Staaten unterstützte "Solidaritätsmechanismus" besser genutzt werden. Er wurde im Juni ins Leben gerufen, um Länder zu unterstützen, in denen viele Bootsflüchtlinge ankommen. Diplomaten kritisierten vor dem Ministertreffen, dass der Aktionsplan nicht viel mehr als eine Zusammenstellung alter Maßnahmen und Vorschläge sei.
Nach Angaben des Innenministeriums in Rom kamen in Italien seit Anfang des Jahres mehr als 94.000 Migranten an. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stieg die Zahl damit um etwa 53 Prozent. Die zuständige EU-Kommissarin Ylva Johansson beschrieb die Situation am Montag als nicht haltbar und verwies dabei auch darauf, dass nur die wenigsten Ankommenden wegen politischer Verfolgung ihre Heimat verlassen.
"Wir müssen bedenken, dass eine deutliche Mehrheit der Menschen, die heute über diese zentrale Mittelmeerroute ankommen, keinen internationalen Schutz braucht", sagte Johansson. Viele dieser Menschen wollten in der EU vor allem Geld verdienen.