Kabinettsumbildung in Frankreich Borne ist neue Premierministerin
In Frankreich steht erstmals seit 30 Jahren wieder eine Frau an der Spitze der Regierung: Elisabeth Borne folgt auf den zurückgetretenen Premier Jean Castex. Die 61-Jährige gilt als links, loyal und regierungserfahren.
Frankreich bekommt zum zweiten Mal in seiner Geschichte eine Premierministerin. Präsident Emmanuel Macron hat die bisherige Arbeitsministerin Elisabeth Borne zur Nachfolgerin von Premierminister Jean Castex ernannt. Das teilte der Elysée-Palast mit. Die 61-jährige Politikerin der Regierungspartei von Präsident Macron zählt zu den wenigen, die von Beginn an in seiner Regierungsmannschaft waren.
Damit erhält Frankreich erstmals seit 30 Jahren wieder eine Frau an der Spitze der Regierung. Die erste Regierungschefin war Edith Cresson, die 1991 für ein knappes Jahr ins Amt kam. Borne gilt als links, loyal und regierungserfahren. Sie war seit 2020 Arbeitsministerin in Macrons vorheriger Regierung. Davor war sie Verkehrsministerin und dann Ministerin für ökologischen Wandel, ebenfalls unter Macron.
Borne stand lange den Sozialisten nahe und schloss sich 2017 der von dem Liberalen Macron neu gegründeten Partei La République en Marche an. Die gebürtige Pariserin absolvierte eine Ingenieurhochschule und arbeitete viele Jahre in unterschiedlichen Ministerien sowie bei der Staatsbahn SNCF und den Pariser Verkehrsbetrieben. 2017 wurde sie zunächst beigeordnete Ministerin, 2019 dann Ministerin für ökologischen Wandel und 2020 Arbeitsministerin.
Castex' Rücktritt kommt überraschend spät
Premierminister Castex hatte zuvor wie erwartet seinen Rücktritt eingereicht. Der Schritt gilt in Frankreich als Formalie nach einer Präsidentschaftswahl. Er kommt aber gut drei Wochen nach der Abstimmung überraschend spät.
Castex war vor zwei Jahren zum Premier ernannt worden - für viele eine Überraschung. Er war damals als langjähriger Bürgermeister eines kleinen Pyrenäendorfes und ehemaliger Mitarbeiter von Ex-Präsident Nicolas Sarkozy kaum jemandem in Frankreich ein Begriff. Castex sollte das Land im Sinne Macrons aus der Pandemie führen, ohne den Präsidenten dabei an Beliebtheit zu überflügeln.
Verspottet, aber auch beliebt
Viele Menschen im Land bezeichnen den scheidenden Premier auch nach zwei Jahren im Amt als wenig charismatisch. Er ist ein beliebtes Objekt für mehr oder weniger charmanten Spott der Medien - Angriffsfläche bietet Castex genügend: Sei es sein harter südfranzösischer Akzent, den er nicht zu verbergen versucht oder seine glühende Leidenschaft für Eisenbahnen, die ihm den Spitznamen "Schaffner des Grauens" einbrachte.
Beherrscht wurde seine Amtszeit von der Corona-Pandemie. Er musste die Menschen im Land unter anderem in den Lockdown schicken und ihnen andere massive Einschränkungen ihres Alltags zumuten. Trotzdem blieben seine Beliebtheitswerte fast konstant gut. Auch weil Castex viel im Land unterwegs war.
Loyal gegenüber dem Präsidenten verwaltete er das Land in den beiden Jahren geschickt - genau dafür hatte Macron den Technokraten aus dem gemäßigt konservativen Lager auch eingestellt. Einen eigenen Stempel konnte der Premier der französischen Politik in dieser Zeit aber nicht aufdrücken.
Parlamentswahlen im Juni
In den kommenden Tagen soll die neue Regierungsmannschaft vorgestellt werden. Die erste Kabinettssitzung soll gegen Ende der Woche stattfinden. Macron hatte kurz nach seiner Wiederwahl am 24. April eine Regierungsumbildung in Aussicht gestellt. Er ist dazu nicht verpflichtet, hatte aber mit Blick auf die im Juni anstehenden Parlamentswahlen einen politischen Neuanfang vermitteln wollen.