Frankreich Macron verteidigt Rentenreform in TV-Rede
Am Samstag hatte er die vom Verfassungsrat bestätigte Rentenreform in Kraft gesetzt, jetzt hat sich Frankreichs Präsident Macron an seine Landsleute gewandt. Seine Botschaft: Ja, er habe den Zorn vernommen - und ja, die Reform sei nötig.
Der französische Präsident Emmanuel Macron hat in einer Rede an die Nation erklärt, dass er den Zorn seiner Landsleute über seine Rentenreform vernommen habe. Sie sei dennoch nötig gewesen, um die Rente eines jeden Einzelnen in Zukunft garantieren zu können, erklärte er.
Die Gewerkschaften bat er zum Dialog über bessere Arbeitsbedingungen: "Ich habe vorgeschlagen, von morgen an die Sozialpartner zu empfangen, also diejenigen, die dazu bereit sind", sagte Macron am Abend. "Die Tür wird offen bleiben", fügte er hinzu.
Gewerkschaften riefen zum Lärmmachen auf
Die Gewerkschaften hatten allerdings zuvor bereits die Einladung abgelehnt und zu Protestlärm vor den Rathäusern des Landes während der Rede des Präsidenten aufgerufen.
In Paris und an anderen Orten waren Menschen daraufhin um 20 Uhr auf die Straße gegangen und hatten ihrer Wut auf den Präsidenten Luft gemacht, in dem sie mit Kochtöpfen und -deckeln Lärm machten.
Macron: "Änderungen waren notwendig"
"Ich habe in den Demonstrationen die Ablehnung der Reform gehört, aber auch den Willen, die Arbeitsbedingungen zu verbessern", sagte Macron. "Wurde diese Reform akzeptiert? Offensichtlich nicht", konstatierte er. "Trotz monatelanger Verhandlungen konnte kein Kompromiss gefunden werden, das bedauere ich."
Die Reform sei aber verfassungskonform verabschiedet worden. "Die Änderungen waren notwendig, um die Rente für alle zu sichern und mehr Wohlstand für die Nation zu schaffen", sagte Macron.
Der französische Präsident erwähnte erstmals ausdrücklich die massiven Demonstrationen, die "in der übergroßen Mehrheit friedlich" verliefen. "Niemand - und ich am wenigsten - kann taub bleiben angesichts dieser Forderungen nach sozialer Gerechtigkeit", sagte Macron.
Die Gewerkschaften hatten zu Protestlärm während der Rede des Präsidenten aufgerufen.
Macron setzt Frist von 100 Tagen
Sich selbst gestand Macron eine Frist von 100 Tagen zu, in denen er das Land nach Wochen der Proteste und der Wut über die unpopuläre Reform heilen wolle. Zahlreiche Vorhaben sollen demnach das Leben der Französinnen und Franzosen verbessern. Dazu zählen "grüne" Industrievorhaben, mehr Sicherheitskräfte auf dem Land, mehr Schulsport sowie ein verstärkter Kampf gegen die illegale Einwanderung.
So wie er sich dafür eingesetzt habe, die Pariser Kathedrale Notre-Dame innerhalb von fünf Jahren wieder aufzubauen, werde er sich jetzt um die Nation kümmern, versprach er. Am Nationalfeiertag am 14. Juli wolle er eine erste Bilanz ziehen.
Neue Massenproteste für den 1. Mai angekündigt
Am Samstag hatte Macron die am Vortag vom Verfassungsrat gebilligte Rentenreform mit seiner Unterschrift in Kraft gesetzt. Das Reformvorhaben, das unter anderem eine Erhöhung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre vorsieht, war zuvor über Wochen von großen, landesweiten Demonstrationen, Streiks und Protesten begleitet worden. Mittlerweile sind die Beliebtheitswerte Macrons auf den niedrigsten Stand seit vier Jahren gesunken.
Der Präsident dürfte es schwer haben, für weitere Projekte Mehrheiten zu organisieren. Die Gewerkschaften wollen die Proteste fortsetzen. Der Tag der Arbeit am 1. Mai soll landesweit im Zeichen des Protestes gegen die Rentenreform stehen.