Russland Neuer Prozess gegen Nawalny
Der russische Oppositionspolitiker Nawalny muss wieder vor Gericht - er selbst rechnet mit 30 Jahren Haft. Wegen mangelnder Ermittlungen zum Giftanschlag auf den Kreml-Gegner verurteilt der EGMR Russland außerdem zu einer Entschädigungszahlung.
Dem inhaftierten Kreml-Gegner Alexej Nawalny drohen in einem neuen Strafprozess viele weitere Jahre Haft. Das Verfahren begann mit einer Vorverhandlung in einem russischen Straflager und unter Ausschluss der Öffentlichkeit, erklärte Nawalnys Pressesprecherin Kira Jarmysch. Der eigentliche Prozess soll am 19. Juni beginnen, hieß es weiter. Journalisten sei der Zutritt zur Vorverhandlung verwehrt worden. "Es ist unmöglich, das Gericht zu sehen oder zu hören", schrieb Jarmysch auf Twitter.
Die Anklage wirft Nawalny in sieben Anklagepunkten unter anderem die Gründung und Finanzierung einer extremistischen Organisation vor. Nach eigener Schätzung drohen ihm dafür 30 Jahre Haft. Nawalny sitzt bereits seit mehr als zwei Jahren im Gefängnis, nachdem er wegen angeblichen Betruges zu einer neunjährigen Haftstrafe verurteilt worden war.
EGMR verurteilt Russland wegen Nawalny-Ermittlungen
Vor seiner Festnahme war der Kreml-Gegner im August 2020 auf einem russischen Inlandsflug mit dem Nervengift Nowitschok vergiftet worden. Er konnte damals nach Deutschland ausgeflogen und in der Berliner Charité behandelt werden. In der westlichen Welt gehen die meisten seither von einem gezielten Giftanschlag auf Nawalny aus. Die russischen Behörden haben dagegen bestritten, dass Nawalny überhaupt vergiftet worden ist.
Entschädigung von 40.000 Euro
Wegen mangelnder Ermittlungen zu diesem Vergiftungsfall hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Russland nun verurteilt. Die russischen Behörden hätten die Vergiftung effektiv aufklären müssen, die bisherigen Bemühungen seien dafür nicht ausreichend. Nawalny wurde außerdem eine Entschädigung von 40.000 Euro zugesprochen.
Russland dürfte Urteil ignorieren
Das Urteil ist für Russland rechtlich bindend, weil es eingeleitet wurde, bevor Russland im September 2022 endgültig aus der Europäischen Menschenrechtskonvention ausgetreten ist. Es ist aber nicht zu erwarten, dass Russland sich tatsächlich an das Urteil hält und Nawalny eine Entschädigung zahlt.
Mit Informationen von Caroline Greb