Drohender Vulkanausbruch Island schließt wegen Erschütterungen Blaue Lagune
Seit Ende Oktober wird der Südwesten Islands von einer Erdbebenserie erschüttert. Vieles deutet auf einen baldigen Vulkanausbruch hin. Vorsichtshalber wurde nun ein Touristenmagnet geschlossen.
In der vergangenen Nacht wurde erstmals ein Beben mit der Stärke fünf gemessen - und wie schon seit zwei Wochen wurden die Anwohner des Küstenorts Grindavik aus dem Schlaf gerissen. "Man kann die Natur nicht kontrollieren. Es kann sehr schnell gehen und wir müssen unser Haus verlassen. Die Taschen sind gepackt. Wir wissen, wo wir hingehen müssen", sagt Solny Palsdottir.
Die Anwohnerin hat sichtlich dunkle Ränder unter den Augen, denn seit Ende Oktober ist die Erde auf der Reykjanes-Halbinsel im Südwesten Islands in Bewegung. In Spitzenzeiten haben die Behörden 1.200 Erdbeben innerhalb eines Tages gemessen. Seitdem könne niemand mehr richtig schlafen, sagt die Isländerin. "Man gewöhnt sich irgendwie daran und lernt, damit zu leben. Wir haben die Bilder von den Wänden genommen, denn über die Jahre ist so manches durch Erdbeben kaputt gegangen. Auch wenn wir es kennen - es macht uns doch immer wieder nervös."
Generatoren für den Notfall
Seit 2021 ist es auf der Halbinsel bereits dreimal zu Vulkanausbrüchen an unterschiedlichen Stellen gekommen. Bisher waren unbewohnte Gebiete betroffen. Das könnte dieses Mal anders sein, warnt Valentin Troll, Vulkanologe an der Universität Uppsala in Schweden. "Das Problem, das wir jetzt sehen, ist, dass die Erdbeben-Herde unter beziehungsweise in der Nähe einer Geothermie-Anlage liegen. Diese Anlage versorgt den Flughafen Reykjavik mit Energie." Außerdem sei ein Fischerort betroffen sowie Fernsehmasten und Telefonverteiler. "Also infrastrukturell könnten da einige Probleme auftreten", vermutet der Wissenschaftler.
In den Fischerort Grindavik wurden vorsorglich Generatoren geliefert - für den Fall, dass es zu einem Ausfall des Kraftwerks kommen sollte. Auch die international bekannte Touristenattraktion - die Blaue Lagune - liegt in dieser Region. Sie ist rund 40 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Reykjavik und nur knapp 20 Autominuten vom internationalen Flughafen Keflavik entfernt. Seit dem Morgen ist das Thermalbad mit dem dampfenden, stahlblauen Wasser geschlossen. Und das werde auch bis kommenden Donnerstag so bleiben, teilte der Betreiber mit. Laut Medienberichten waren in der Nacht zuvor einige Touristen verängstigt aus dem Hotel abgereist.
Evakuierungspläne bereits ausgearbeitet
Die Tausenden Erdbeben sind wichtige Hinweise auf einen möglichen Ausbruch. Doch wo und ob überhaupt etwas passiert, wissen nicht einmal Experten. Denn Magma steige im Erdinneren in Schüben auf, erklärt der Vulkanologe Troll. Wo die Erde am Ende aufbricht oder ob das aufsteigende Magma ganz im Boden stecken bleibt, könne niemand mit Sicherheit prognostizieren.
"Man kann nur schwer sagen, ob die Eruption stattfindet oder nicht", sagt der Wissenschaftler. "Es kann sich so entwickeln, dass der Vulkan sich wieder beruhigt und dass die Magmen unterirdisch Platz nehmen und dann nicht aufsteigen." Sollte es aber zur Eruption kommen, werde es wohl in dieser Region passieren. "Plus minus ein paar Kilometer." Er selbst glaube auch an einen bevorstehenden Ausbruch, fügt der Vulkanologe noch hinzu.
Die Bewohner der südwestlichen Halbinsel sind auf jeden Fall vorbereitet: Die Behörden haben bereits Evakuierungspläne für die Ortschaft Grindavik ausgearbeitet. Und Anwohnerin Palsdottir versucht, optimistisch zu bleiben: "Wir bereiten uns auf das Schlimmste vor, aber hoffen auf das Beste."