Ein Mann inspiziert eine Streubombe.

Verteidigung gegen Russland Litauen verlässt Streubomben-Abkommen

Stand: 06.03.2025 11:05 Uhr

Streumunition gilt als besonders grausam - international ist sie geächtet. Litauen ist nun aus dem Abkommen zum Streubomben-Verbot ausgetreten - aus einem ganz konkreten Grund.

"Der russische Nachbar bedroht unser Land". Das ist Konsens in Litauen, genauso wie in den anderen baltischen Staaten. "Wir könnten die nächsten sein." Auch diesen Satz hört man hier sehr oft, spätestens seit dem Angriff Russlands auf die gesamte Ukraine vor drei Jahren. Deshalb tritt Litauen aus jenem Abkommen aus, das Streumunition verbietet.

"Wir brauchen alle verfügbaren politischen und militärischen Instrumente zur Abschreckung und Verteidigung", sagte der stellvertretende Verteidigungsminister Karolis Aleksa im Interview mit der tagesschau. Russland sei ein Aggressor - nicht nur im Bezug auf die Ukraine, sondern möglicherweise auch gegen Litauen. "Russland setzt Streumunition in der Ukraine ein. Deshalb müssen auch wir alle verfügbaren Mittel einsetzen können." Das schließe Streumunition ein.

Submunition tötet auf großer Fläche

Streubomben gelten als unberechenbar und können grausame Folgen für Zivilisten haben. Sobald sich die Hülle öffnet, treten viele Sprengkörper aus und verteilen sich. Diese sogenannte Submunition tötet auf großer Fläche Menschen und zerstört Gebäude. Gefährlich ist Streumunition vor allem auch, weil ein erheblicher Prozentsatz der Submunitionen nicht detoniert, sondern als Blindgänger über Jahre hinweg eine tödliche Gefahr darstellt.

Man habe es sich nicht leicht gemacht mit der Entscheidung, sich aus dem Übereinkommen zurückzuziehen, erklärte Vize-Verteidigungsminister Aleksa: "Diese Konventionen sind dafür da, internationales Völkerrecht aufrechtzuerhalten, das ist in unser aller Interesse. Doch die Sicherheitslage hat uns zu dieser Entscheidung gebracht und wir sind dankbar für das Verständnis unserer Verbündeten, insbesondere auch Deutschland."

USA, Russland, China nicht dabei

Das Übereinkommen über Streumunition wurde 2008 in Oslo verabschiedet und trat 2010 in Kraft. Es verbietet Einsatz, Herstellung, Lagerung und Weitergabe von Streubomben. Bislang haben es 123 Staaten unterzeichnet, darunter viele europäische Länder, Deutschland zum Beispiel.

Einige mächtige Staaten, darunter die USA, Russland und China, haben das Abkommen nicht unterzeichnet und betrachten Streumunition weiterhin als legitimes militärisches Mittel. Litauens Entscheidung sei ein Fehler, sagt Dan Smith, Direktor des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI. Die Sicherheitslage als Argument heranzuziehen, rechtfertige nicht, Streubomben wieder zuzulassen.

Das Übereinkommen über Streumunition sei einer von fünf großen Verträgen, die besonders zerstörerische Waffen kontrollieren. Dass Litauen nun als erstes Land einen Rückzieher macht, sei ein besorgniserregender Präzedenzfall.  

Litauen sieht sich vorbereitet

"Diese Verträge werden aus einer moralischen Haltung heraus unterzeichnet. Es geht um Waffen, die nicht eingesetzt werden sollten", sagt der SIPRI-Direktor. Und diese moralische Haltung ändere sich nicht einfach, weil die Weltlage gefährlicher geworden sei. "Wir befinden uns in einer kritischen Situation, in der eine Menge guter und harter Arbeit in Bezug auf diese humanitären Abkommen zunichte gemacht werden könnte."

Litauen argumentiert hingegen: Außer Norwegen habe kein Staat mit einer direkten Grenze zu Russland das Übereinkommen zu Streumunition unterzeichnet. Welche Folgen der Austritt nun absehbar habe, da blieb der stellvertretende Verteidigungsminister Aleksa vage. Er sagte lediglich: Man habe die Übergangszeit genutzt und sich vor allem aus militärischer Perspektive vorbereitet.

Sofie Donges, ARD Stockholm, tagesschau, 06.03.2025 10:01 Uhr

Dieses Thema im Programm: Dieser Beitrag lief am 06. März 2025 um 08:41 Uhr im Deutschlandfunk.