Boot mit Migranten gesunken Flüchtlingsdrama vor Italiens Küste
In Sichtweite der italienischen Südküste ist ein Boot mit Migranten an einem Felsen zerschellt. Mehr als 50 Menschen ertranken. Italiens rechte Regierung zeigte sich betroffen, sieht sich aber auch in ihrem Kurs bestärkt.
Bei einem verheerenden Bootsunglück vor der Küste Süditaliens sind zahlreiche Migrantinnen und Migranten ums Leben gekommen. Nach offiziellen Angaben wurden bislang 59 Todesopfer geborgen. Mindestens 80 Überlebende konnten gerettet werden. Einige der Überlebenden berichteten, dass etwa 250 Menschen an Bord des Bootes gewesen seien. Andere sprachen von 140 bis 180.
Rettungskräfte fanden einige der Todesopfer angespült am Strand. Andere wurden im Laufe des Tages auf dem Meer treibend entdeckt und geborgen. Unter den Ertrunkenen waren nach Angaben der italienischen Nachrichtenagentur Ansa auch viele Frauen und Kinder. Die Geretteten wurden an Land zunächst versorgt und später zum Teil in Krankenhäuser gebracht. Bilder zeigen, wie sie in Decken gehüllt am Ufer sitzen, während Rettungskräfte nach weiteren Überlebenden suchten und Leichen bargen.
Boot brach in Küstennähe auseinander
Nach ersten Informationen waren die Migrantinnen und Migranten auf einem Fischkutter unterwegs, als dieser unweit der Küste von Steccato di Cutro, eines Badeorts in der Provinz Crotone in Kalabrien, auf einen Felsen prallte und auseinander brach. Ministerpräsidentin Giorgia Meloni teilte mit, die Migranten seien bei schlechten Wetterverhältnissen in dem 20 Meter langen Boot unterwegs gewesen. Große Holzteile des Schiffes wurden angespült und waren auf Fotos vom Unglücksort zu sehen.
Eine Vertreterin der Regionalregierung sagte der Nachrichtenagentur Reuters, dass das Boot drei oder vier Tage zuvor in Izmir im Westen der Türkei seine Fahrt übers Meer begonnen habe. Die Migranten sollen nach Informationen der italienischen Nachrichtenagentur Adnkronos vor allem aus dem Iran, aus Pakistan und Afghanistan stammen.
Mitglieder der italienischen Regierung zeigten sich betroffen. Ministerpräsidentin Meloni äußerte ihre Trauer über die vielen Opfer, für deren Tod Schleuser verantwortlich seien. "Es ist unmenschlich, das Leben von Männern, Frauen und Kindern für den 'Preis' einer Fahrkarte einzutauschen, den sie in der falschen Aussicht auf eine sichere Reise zahlen", ließ die Politikerin mitteilen.
Meloni kündigte an, sie werde sich bei der EU darum bemühen, gemeinsam gegen Schifffahrten vorzugehen, die von Schleusern organisiert würden. Ihre Regierung sei entschlossen, irreguläre Migration zu stoppen, um weitere Tragödien zu vermeiden. Innenminister Matteo Piantedosi sagte, es sei unabdingbar, die Überfahrten über das Meer zu stoppen. Sie böten den Migranten die "Illusion eines besseren Lebens" in Europa, bereicherten Menschenhändler und verursachten "Tragödien wie die heutige".
Am Strand von Steccato di Cutro wurden neben Teilen des zerbrochenen Bootes auch Leichen ertrunkener Migrantinnen und Migranten angespült.
Von der Leyen drängt auf Fortschritte bei EU-Migrationspolitik
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schrieb auf Twitter, sie sei zutiefst betrübt über das Bootsunglück. Es sei eine Tragödie, bei der unschuldige Migranten ihr Leben verloren hätten. Sie forderte alle Beteiligten auf, die Bemühungen in der EU-Migrationspolitik zu verdoppeln.
Die Organisation "Ärzte ohne Grenzen" erklärte, im Mittelmeer kämen "unaufhörlich Menschen durch ein Vakuum an Rettungskapazitäten" ums Leben. Es sei "inhuman, inakzeptabel und unverständlich, dass wir immer wieder Zeugen von diesen vermeidbaren Tragödien werden", so Sergio Di Dato, Projektleiter der Organisation in Italien.
Seit Januar kamen 13.000 Migranten per Boot nach Italien
Nach Angaben des italienischen Innenministeriums sind in diesem Jahr bis einschließlich Donnerstag 13.067 Migranten auf dem Seeweg ins Land gekommen. Das sind weit mehr als doppelt so viele wie im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Der Großteil der Migranten gelangt mit Schiffen und Booten von Schlepperbanden nach Italien. Die Boote sind oft überfüllt und selten seetauglich. Ein neues Gesetz der rechten Regierung Meloni, das in der vorigen Woche vom Senat verabschiedet wurde, erschwert die Arbeit ziviler Seenotretter, die im Mittelmeer unterwegs sind, um Migranten in Seenot vor dem Ertrinken zu retten.
Tausende Menschen sind bereits bei Schiffbrüchen ums Leben gekommen. Nach Einschätzung der Internationalen Organisation für Migration sind seit 2014 im zentralen Mittelmeer 20.333 Menschen gestorben oder gelten als vermisst.