Proteste in neun Städten Mehrere Festnahmen bei Gedenken in Russland
Zum Gedenken an den Angriff auf die Ukraine und den verstorbenen Kremlkritiker Nawalny legten Menschen in mehreren russischen Städten Blumen nieder. Ein eher stiller Protest, dennoch kam es zu Festnahmen.
In Russland sind mehrere Menschen bei Gedenkveranstaltungen festgenommen worden. Das unabhängige Portal OVD-Info listete am Nachmittag 32 Festnahmen in neun Städten auf. Es habe Proteste zu verschiedenen Themen gegeben, hieß es.
In seinen Social Media-Kanälen schreibt OVD, "27 Personen legten Blumen zum Gedenken an Alexej Nawalny nieder, drei protestierten gegen den Krieg, und zwei weitere wurden bei der Aktion von den Ehefrauen der Mobilisierten festgenommen." Einigen Festgenommenen seien die Telefone weggenommen worden. Auch vier Journalisten seien unter den Betroffenen. Festnahmen habe es in Moskau sowie in Jekaterinenburg, Kasan, Murmansk, Nowosibirsk, St. Petersburg und weiteren Städten gegeben.
In der Hauptstadt Moskau seien mindestens fünf Menschen festgenommen worden, die Schilder mit der Aufschrift "Nein zum Krieg" getragen oder an einer wöchentlichen Demonstration teilgenommen hätten, bei der die Rückkehr der mobilisierten russischen Soldaten aus der Ukraine gefordert wurde. Die Polizei habe auch eine junge Frau festgenommen, die Blumen in den ukrainischen Nationalfarben Blau und Gelb an einem Moskauer Denkmal für die Opfer politischer Unterdrückung niederlegte.
Videos zeigen Festnahmen
In Videos der unabhängigen Medien Sota und Sotavision war im Onlinedienst Telegram zu sehen, wie Polizisten die Menschen abführten. Zwei der Festgenommenen trugen gelbe Westen mit der durchgestrichenen Aufschrift "Presse". Laut Sotavison sind unter den Festgenommen zwei ihrer Reporter.
Die Frauen und Partnerinnen von in der Ukraine eingesetzten Soldaten demonstrieren als Teil der Frauenorganisation "Put Domoi" ("Weg nach Hause") seit mehreren Wochen auf dem Roten Platz in Moskau für die Rückkehr ihrer Angehörigen. Die Organisation hatte in Onlinenetzwerken zu Protesten am Mittag in mehreren Städten aufgerufen. Während die Behörden seit Beginn der russischen Offensive in der Ukraine im Februar 2022 verstärkt gegen Andersdenkende vorgehen, schritt die Polizei bei den Protesten der Frauen bislang nicht ein.
Öffentliche Kritik in Russland selten
An der Erlöserkathedrale in Moskau, der russisch-orthodoxen Hauptkirche, warteten Menschen in einer Schlange, um dann im Inneren am neunten Tag nach dem Tod Nawalnys des 47-Jährigen zu gedenken. Auch in anderen Kirchen des Landes erwiesen die Menschen Nawalny nach einem öffentlichen Aufruf in sozialen Netzwerken die letzte Ehre.
In der Moskauer Innenstadt gedachten Menschen im Park am Ukrainski Boulevard trotz Polizeipräsenz der Opfer des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine. Sie legten dort am Fuß eines Denkmals für die ukrainische Dichterin Lessja Ukrajinka Blumen nieder. Uniformierte verfolgten das Geschehen aus einem Polizeiauto heraus, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur dpa berichtete.
Öffentliche Anti-Kriegs-Aktionen sind in Russland auch angesichts massiver staatlicher Repressionen sehr selten. Es hatte immer wieder Festnahmen gegeben. Die Beamten gingen zuletzt auch nach Nawalnys Tod gewaltsam gegen Trauernde vor. Allein 27 Festnahmen habe es gegeben, als Menschen Blumen im Andenken an den am 16. Februar im Straflager gestorbenen Nawalny niederlegten, teilte OVD mit. Im gesamten Land wurden hunderte Menschen festgenommen.