Energiepolitik Polen steigt in die Atomkraft ein
Polen steigt in die Atomenergie ein. Warum Deutschland gerade angesichts der Energiekrise in die andere Richtung schreitet, kann man in Warschau nicht verstehen. Dort wird der Atomeinstieg quer durchs politische Spektrum mitgetragen.
Wenn Wladimir Putin, der russische Präsident, ganz Europa erpresse - energiepolitisch, war gemeint - , dann solle man zusehen, dass man auf andere, bewährte Energiequellen setzt - von bewährten Partnern. Das ließ Mateusz Morawiecki Anfang November letzten Jahres wissen.
Und "bewährt" hatten sich aus Sicht des polnischen Premierministers Atomenergie und die USA. Nach Jahren der Ankündigung und Planung steigt Polen mit AP1000-Druckwasserreaktoren des US-Konzerns Westinghouse in die nukleare Produktion von Strom ein.
Regierung begründet Schritt mit Energiesicherheit
Drei Monate nach der Ankündigung werden in Warschau Vorverträge für den Bau unterschrieben - im Beisein und mit ausdrücklicher Unterstützung der polnischen Umweltministerin Anna Moskwa.
Mit dem Gedanken an die Jahre 2030, 2031 oder 2032, an all die Jahre danach, haben wir heute die Entscheidung getroffen, das Schlüsselprojekt für Polens Energiesicherheit erfolgreich zu Ende zu bringen: den Bau des Atomkraftwerks für Polen.
Ab 2026 soll gebaut werden, insgesamt sechs AKW sollen es bis Mitte der 2040er-Jahre werden. Die Hälfte aus den USA, die andere aus Südkorea - beides Länder, in denen Polen in den letzten Monaten auch großzügig Waffen, Militärfahrzeuge und Kampfflugzeuge bestellt hat.
Experten rechnen mit Kosten von etwa 40 Milliarden Euro
Energie und Rüstung, mit dieser Kombination sind die USA und Südkorea Sicherheitsgaranten für Polen, befand bereits im November Olga Semeniuk, Staatssekretärin im Ministerium für Entwicklung und Technologie: "Die wichtigsten Faktoren im Moment sind Sicherheit und Zeit" so Semeniuk. "Wir müssen so schnell wie möglich unabhängig werden von Russland. Daher die Zusammenarbeit mit großen Firmen und mächtigen Partnern wie Amerika und Südkorea." Das sei ein sehr wichtiges Ereignis, "denn Sicherheit hat keinen Preis, sie ist von unschätzbarem Wert".
Zumindest ist der Preis noch nicht bekannt. Experten rechnen mit etwa 40 Milliarden Euro für den Einstieg in die Atomkraft. Sehr viel Geld, das kurzfristig überhaupt nichts bringt, findet Joanna Mackowiak-Pandera vom Thinktank "Forum Energii".
Die Situation ist jetzt sehr schwierig, die galoppierenden Energiepreise, das mangelnde Vertrauen in die Kohleversorgung. Atomkraft kann eine Entlastung bringen, aber hilft uns das heute? Es gäbe viele Entscheidungen, die uns in ein, zwei oder fünf Jahren entlasten. Aber sie werden nicht getroffen.
Aber Polens Umstieg auf Atomenergie wird politisch getragen, quer durchs Parteienspektrum. Und Deutschland tappt, aus polnischer Sicht, energiepolitisch von einem Fehler zum nächsten - erst die Abhängigkeit von russischem Gas und jetzt der Ausstieg aus der Atomkraft.