Justizstreit Polen will EU-Strafverfahren beenden
Die neue polnische Regierung plant, einige der Reformen ihrer Vorgänger rückgängig zu machen. Das Ziel: ein Ende der laufenden EU-Strafverfahren gegen Polen. Manche hoffen, dass aus dem einstigen Sorgenkind nun ein Musterschüler wird.
Polen will unter seiner neuen, pro-europäischen Regierung das Ende laufender EU-Strafverfahren erreichen. Polens Justizminister Adam Bodnar legte den in Brüssel tagenden Europaministern dazu einen "Aktionsplan" vor. Konkret geht es um ein Ende 2017 eingeleitetes Verfahren, mit dem Polen wegen Rechtsstaatsverstößen ein Stimmrechtsentzug im EU-Ministerrat drohte. Brüssel und Berlin begrüßten die Initiative aus Warschau.
Bodnar sagte, mit der Wahl von Ministerpräsident Donald Tusk im Oktober hätten sich die Polinnen und Polen für die Unabhängigkeit der Justiz entschieden. Polen sei nun "auf dem richtigen Weg".
EU-Kommission spricht von "echtem Wandel"
Die für die Prüfung von Reformen zuständige EU-Kommission zeigte sich nach der Vorstellung optimistisch, dass mit dem Plan die Unabhängigkeit der Justiz in Polen wieder hergestellt werden kann. Zugleich betonte Vizepräsidentin Vera Jourova, dass vor Polen noch viel Arbeit liege. Die Liste der Defizite sei umfassend.
EU-Justizkommissar Didier Reynders bescheinigte Polen unter Tusk einen "echten Wandel". Die neue Regierung sei bereits der Europäischen Staatsanwaltschaft beigetreten, die seit 2017 Betrug, Korruption und andere Verstöße gegen den Gemeinschaftshaushalt untersucht, sagte der Belgier. Zudem habe Polen einen Plan vorgelegt, um die hohen Richter wieder unabhängig zu machen.
Tusk will Freigabe blockierter Gelder
Die deutsche Europa-Staatsministerin Anna Lührmann (Grüne) begrüßte die Initiative: "Polen entwickelt sich vom Sorgenkind beim Thema Rechtsstaatlichkeit zu einem Vorkämpfer für Demokratie, für Menschenrechte und für Rechtsstaatlichkeit", sagte sie in Brüssel.
Tusk will die Reformen mit seiner Koalitionsregierung wieder entschärfen. Dies soll auch zu einer Freigabe von derzeit blockierten EU-Geldern in Milliardenhöhe führen.
Die Vorgängerregierung unter der rechtsnationalistischen PiS-Partei hatte den Rechtsstaat aus Sicht der EU massiv eingeschränkt. Kritisiert wurde unter anderem ein Urteil des polnischen Verfassungsgerichts, nach dem Teile des EU-Rechts nicht mit Polens Verfassung vereinbar sind. Die bisherige PiS-Regierung hatte zudem höchst umstrittene Justizreformen vorgenommen, die auch aus Sicht des Euopäischen Gerichtshofs die Unabhängigkeit der dortigen Richter gefährden.