Katalonien Puigdemonts Comeback ins Ungewisse
Katalonien könnte einen nicht-separatistischen Regierungschef bekommen - und Ex-Präsident Puigdemont kündigt seine Rückkehr ins Land an. Was nun geschieht, hängt von Parlamentspräsident Rull ab.
"Separatisten machen Nicht-Separatisten zum Regierungschef" - eigentlich wäre dieses historische Ereignis schon die Schlagzeile. Der sozialdemokratische Kandidat Salvador Illa steht kurz davor, im Regionalparlament zum neuen Präsidenten Kataloniens gewählt zu werden - auch mit Unterstützung aus dem separatistischen Lager. Obwohl er für die Einheit Spaniens statt für die katalonische Unabhängigkeit eintritt - das hat es seit zwei Jahrzehnten nicht mehr gegeben.
Seine sozialistische Partei PSC (Partit dels Socialistes de Catalunya) und die katalanische Unabhängigkeitspartei ERC (Esquerra Republicana de Catalunya) haben sich in den vergangenen Wochen in Absprache mit der Zentralregierung in Madrid auf bedeutende Zugeständnisse geeinigt: ein eigenes Steuersystem für Katalonien und finanzielle Förderung der katalanischen Sprache.
Doch während sich eine mögliche Zeitenwende anbahnt, könnte ein weiteres Ereignis die Schlagzeilen kapern: die Rückkehr von Carles Puigdemont.
Ein Brief, der manches verschweigt
Der ehemalige Regionalpräsident Kataloniens lebt seit sieben Jahren in Brüssel im Exil. Er hatte das illegale Unabhängigkeitsreferendum im Oktober 2017 veranlasst und war daraufhin vor der spanischen Justiz geflohen. Nun könnte Puigdemont für einen letzten, dramatischen Akt der politischen Inszenierung zurückkehren.
In einem dreiseitigen Brief, den Puigdemont am Samstag über den Nachrichtendienst X veröffentlichte, beschreibt er das Präsidentenamt Kataloniens als einen Garant für die katalanische Unabhängigkeit. Er stellt die Ereignisse so dar, als hätten die spanischen Parteien PP und PSOE Katalonien nach dem Referendum illegal entmachtet, verschweigt jedoch, dass das Referendum verfassungswidrig war.
Rückhalt für Puigdemont schwindet
Puigdemont sieht seine Rückkehr als Kampfansage gegen die "Repression des spanischen Staates". Er greift die gemäßigt separatistische ERC scharf an und sieht deren Kooperation mit der PSC als Verrat an der Unabhängigkeitsbewegung.
Dabei gibt es selbst innerhalb seiner Partei Junts immer mehr Befürworter einer pragmatischeren Politik, wie sie die ERC verfolgt. Joan Rodriguez Teruel, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Valencia, betont: "Die Rückkehr von Puigdemont ist nicht die eines siegreichen Führers, sondern die eines politischen Anführers, dessen Unterstützung schwindet." Teruel weist darauf hin, dass sich Puigdemont durch sein Exil, fernab der Machtzentren in Spanien und Katalonien, politisch ins Abseits manövriert habe.
Wann Puigdemont tatsächlich zurückkehrt, bleibt offen. In seinem Brief auf X kündigte er an, "in wenigen Tagen" nach Katalonien zu kommen. Es wird spekuliert, dass er genau am Tag der Wahl Illas zum Präsidenten auftauchen könnte.
Lösung bis 26. August - oder Neuwahl
Ein solches Comeback könnte drastische Konsequenzen haben - sowohl für Katalonien als auch für Puigdemont selbst. Er muss damit rechnen, bei seiner Rückkehr nach Spanien festgenommen zu werden.
Zwar gewährt das kürzlich erlassene Amnestiegesetz 400 Beteiligten des illegalen Referendums Straffreiheit, jedoch gilt dies nicht für Puigdemont. Ihm wird unter anderem Veruntreuung öffentlicher Gelder vorgeworfen, weshalb der Haftbefehl gegen ihn weiter besteht. Konkret soll er sich zwar kein Geld in die eigene Tasche gesteckt haben, aber die Richter des Obersten Gerichts argumentieren, dass bereits der Einsatz öffentlicher Mittel für illegale Zwecke eine persönliche Bereicherung darstellt.
Sollte Puigdemont tatsächlich am Donnerstag zur Wahl im Regionalparlament erscheinen, könnte Parlamentspräsident Josep Rull entscheidend Einfluss darauf nehmen, ob und wann er in die Hände der Justiz fällt. Rull, ebenfalls Mitglied von Junts, hat Puigdemont im Vorfeld zugesichert, ihm parlamentarische Immunität zu gewähren. Wird Puigdemont jedoch vorher festgenommen, könnte Rull die Sitzung mit der Begründung aussetzen, dass einem Abgeordneten das Recht zur Abstimmung verwehrt wird. Eine solche Entwicklung könnte eine weitere Spirale der Unsicherheiten auslösen.
Sollte Katalonien bis zum 26. August keinen neuen Präsident haben, werden Neuwahlen angesetzt. Diese könnten die politische Lage weiter verkomplizieren, da sowohl ERC als auch PSC angekündigt haben, nach einer erneuten Wahl nicht wieder aufeinander zuzugehen. Die Schlagzeilen gegen Ende der Woche könnten also lauten: "Neue Ära für Katalonien" oder "Katalonien stürzt noch tiefer in politische Krise".