Russischer Staatssender Keine TV-Lizenz für RT
Seit längerem plant der russische Staatssender RT einen Fernsehsender für Deutschland. Doch der Antrag auf eine Lizenz in Luxemburg scheiterte, und auch sonst läuft es offenbar nicht wie geplant.
Etwa zehn Kilometer nordöstlich vom Kreml entfernt, in einer Mischung aus Wohn- und Industriegebiet, neben einer Tee-Fabrik, befindet sich in einem Bürogebäude mit Glasfassade der Hauptsitz von RT. Laut Eigenbeschreibung ist es eine der "renommiertesten Mediengruppen mit globaler Ausrichtung". In Deutschland will RT "alternative Informationsquelle jenseits des Mainstreams" sein. Es sollen Stimmen zu Wort kommen, "die eine alternative, unkonventionelle Sichtweise präsentieren".
Bislang präsentiert RT Inhalte in deutscher Sprache auf einer eigenen Website, auf YouTube und in anderen sozialen Medien. Im Dezember will das deutsche Tochterunternehmen RT DE Productions GmbH mit Geschäftsadresse in Berlin Adlershof einen Fernsehkanal "RT auf Deutsch" starten.
Geplant seien unter anderem tägliche Nachrichtensendungen, Talkshows, Wirtschaftsformate und Unterhaltung, sagte Programmdirektor Alexander Korostelev Anfang diesen Jahres. Die Inhalte sollen an mehreren Standorten produziert werden. Ausgestrahlt werden soll das Programm via Satellit von Moskau aus.
Deutschsprachiger Fernsehsender geplant
Für den bundesweiten Betrieb eines Fernsehsenders benötigt RT DE allerdings eine Sendelizenz. Zuständig ist die Medienanstalt Berlin-Brandenburg. Sie muss Antragsteller unter anderem auf Staatsferne prüfen, wie es der deutsche Rundfunkstaatsvertrag vorsieht. RT DE selbst gibt an, eine "autonome, gemeinnützige Organisation" zu sein, die "aus dem Budget der Russischen Föderation öffentlich finanziert wird" - also vom russischen Staat.
Inhaltlich folgt RT einer staatlichen Linie: Es geht nicht nur darum, die Sichtweise des russischen Staates im Ausland zu präsentieren. Chefredakteurin Margarita Simonjan sieht RT, bis 2009 Russia Today, zudem in einem "Informationskrieg" - wie sie 2012 in einem Interview mit der russischen Zeitung "Kommersant" erklärte. Ein Jahr später präzisierte sie einem weiteren Interview mit der Website lenta.ru: So wie das russische Verteidigungsministerium in Friedenszeiten Waffen für den Krieg bereithalte, müsse RT als Informationswaffe für Krisenzeiten bereitstehen.
In der Corona-Pandemie zum Beispiel veröffentlichte RT DEU Berichte, die das Publikum offensichtlich verunsichern sollten. Im Verfassungsschutzbericht von 2019 schreibt das Bundesamt für Verfassungsschutz RT Deutsch und der Nachrichtenagentur Sputnik eine besondere Bedeutung für das Ziel der russischen Führung zu, die "politische und öffentliche Meinung in Deutschland im Sinne der russischen Politik zu beeinflussen". Die RT-Tochterunternehmen red-fish und "Ruptly" werden als Teil eines dazugehörigen komplexen Netzwerkes gesehen.
Kein Erfolg in Luxemburg
Wohl auch mit Blick auf diese Aussagen stellte RT DE keinen Antrag bei der Medienanstalt Berlin-Brandenburg, nachdem Programmdirektor Korostelev und Büroleiterin Dinara Toktosunova als neue Führungspersonen im Januar 2021 den Ausbau zu einem Fernsehprogramm "mit höchsten journalistischen Standards" angekündigt hatten.
Hingegen ging im Juni ein Antrag auf eine Sendelizenz der Organisation "TV Novosti", die hinter der Marke RT steht, in Luxemburg ein. Dort ist der Sitz der Firma S.E.S., die das Satellitensystem Astra betreibt.
Doch war dem Antrag kein Erfolg beschieden: "Luxemburg ist für das Fernsehprogramm 'RT in Deutsch' nicht zuständig", teilte das Büro von Premierminister Xavier Bettel am Freitag auf Anfrage der Zeitung "Luxemburg Times" mit.
Da der Mediendienstanbieter einen Sitz in der Bundesrepublik Deutschland unterhalte und ein wesentlicher Teil des mit der Bereitstellung des audiovisuellen Mediendienstes betrauten Personals in Berlin tätig sei, unterliege das TV-Programm der Rechtshoheit Deutschlands, erläuterte Bettels Staatsministerium die Entscheidung.
Luxemburg habe sich mit den deutschen Behörden in Verbindung gesetzt, um sicherzustellen, dass eine EU-Richtlinie für audiovisuelle Medien korrekt angewendet werde, so das Ministerium. Nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" trafen sich Ende Mai deutsche und luxemburgische Diplomaten, der deutsche Beauftragte für Kultur und Medien sowie Vertreter des Verfassungsschutzes und des luxemburgischen Geheimdienstes SREL.
Mehr als 200 freie Stellen
RT gab am Sonntag an, die Entscheidung der luxemburgischen Behörden zur Kenntnis genommen zu haben. Juristen seien dabei, sie zu prüfen. Fraglich ist, wie RT seine Pläne in Deutschland voranbringen will. Im März beschwerte sich eine Sprecherin des russischen Außenministeriums darüber, dass die deutsche Commerzbank die Konten der RT DE Productions GmbH und von "Ruptly" bis zum 31. Mai schließen wollte.
Der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Christofer Burger stellte dazu klar, dass "die Bundesregierung in keiner Weise auf die Commerzbank im Sinne einer Beendigung der Geschäftsbeziehungen hingewirkt hat". Die Bundesregierung habe auch keine Kenntnisse sonstiger Geschäftskonten von Russia Today. "Insofern geht auch die Androhung harter Vergeltungsmaßnahmen von russischer Seite völlig an der Sache vorbei."
Auch die Rekrutierung neuer Mitarbeiter für den geplanten TV-Sender will offenbar nicht so recht vorankommen. Mehr als 200 Stellen würden regelmäßig ergänzt, schreibt RT noch immer auf der eigenen Website. Gesucht werden nach wie vor Moderatoren, Redakteure, Korrespondenten sowie Personal für den Bereich Technik und Management. Angeheuert wurden mehrere Personaldienstleister. Auch über die Plattformen Linkedin und Xing sowie diverse Websites wird geworben. Prominente Neueinsteiger hat RT bislang nicht vermeldet.