
Ministerium entwarnt nach Kollision Schiffe drohen doch nicht zu sinken
Nach der Kollision zweier Schiffe vor der britischen Nordseeküste brennt der Frachter "Solong" noch immer. Laut Verkehrsministerium droht aber keines der Schiffe zu sinken. Die Polizei nahm einen Verdächtigen fest.
Entwarnung aus dem britischen Verkehrsministerium: Nach der Kollision zwischen einem Tanker und einem Frachter in der Nordsee droht nach ersten Einschätzungen keines der beiden Schiffe zu sinken. Der Frachter "Solong" war am Montagvormittag vor der britischen Küste mit dem Tanker "Stena Immaculate" kollidiert, auf beiden Schiffen brach anschließend Feuer aus.
Die Lösch- und Sicherungsmaßnahmen bei beiden Schiffen dauern an. Zunächst war befürchtet worden, die noch immer brennende und stark beschädigte "Solong" könnte nicht schwimmfähig bleiben. Auf Luftaufnahmen der BBC ist zu sehen, dass der Frachter weitgehend ausgebrannt ist.
Am Abend hieß es von Ministerin Heidi Alexander, die "Solong" könne vertäut und von der Küste weggeschleppt werden. Die Schiffe sind laut niederländischem Bergungsunternehmen Boskalis inzwischen nicht mehr ineinander verkeilt.
Die "Solong" drifte Richtung Süden, hatte zuvor der Unterstaatssekretär Mike Kane laut Nachrichtenagentur PA im britischen Unterhaus erklärt. Modellrechnungen zufolge treibe sie in den nächsten Stunden aber nicht auf Land zu.

Rauchschwaden steigen vom Frachtschiff "Solong" vor der Küste Yorkshires auf.
Feuer auf Tanker offenbar gelöscht
Das Feuer auf der "Stena Immaculate" sei inzwischen wohl gelöscht, sagte Kane. Zuvor hatte die Küstenwache mitgeteilt, der Brand sei stark eingedämmt worden.
Die Gefahr, dass der Tanker auseinanderbreche, sei klein, hieß es vom Bergungsunternehmen. Das Schiff liege stabil. Zunächst müsse der Tanker von außen gekühlt werden. "Wir müssen erst kühlen und dafür sorgen, dass die Temperatur auf dem Schiff sinkt." Geplant sei, den Tanker in einen sicheren Hafen zu schleppen.

Die "Stena Immaculate" hat Flugzeugtreibstoff geladen - und soll schnell geborgen werden.
Verdächtiger festgenommen
Die britische Polizei nahm einen Verdächtigen im Zusammenhang mit der Kollision fest. Gegen den 59-jährigen Mann bestehe der Verdacht der grob fahrlässigen Tötung, teilten die Behörden mit. Berichten zufolge soll es sich bei dem Festgenommenen um den Kapitän der "Solong" handeln.
"Es wurden bereits umfangreiche Maßnahmen durchgeführt, und wir arbeiten eng mit unseren Partnern zusammen, um zu rekonstruieren, was passiert ist, und um allen Betroffenen Unterstützung zu bieten", sagte der leitende Ermittlungsbeamte, Craig Nicholson. Staatssekretär Kane betonte aber im britischen Parlament: Hinweise für eine absichtliche Herbeiführung des Unglücks lägen nicht vor. "Es gibt im Moment keine Hinweise darauf", sagte er.
Besatzungsmitglied für tot geklärt
In der Nacht war die Suche nach dem einzigen vermissten Besatzungsmitglied der "Solong" abgebrochen worden. Die vermisste Person sei "nach einer umfangreichen Suche" nicht gefunden worden, teilte ein Vertreter der britischen Küstenwache mit. Die britische Regierung geht inzwischen vom Tod des Mannes aus. 36 Besatzungsmitglieder von beiden Schiffen waren zuvor sicher an Land gebracht worden, ein Mensch kam demnach ins Krankenhaus.
Der Tanker "Stena Immaculate" wurde am Montagmorgen von dem Containerschiff "Solong" gerammt, als er vor der Mündung des Flusses Humber vor Anker lag. Warum es zu dem Unglück kam, ist noch unklar. Die "Stena Immaculate" fährt unter US-Flagge, nach Informationen des NDR fährt die "Solong" unter portugiesischer Flagge und gehört zur Hamburger Reederei Ernst Russ.

Küstenwache hält Meeresverschmutzung für wahrscheinlich
Mit den andauernden Löscharbeiten wächst auch die Sorge vor Umweltschäden. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace teilte mit, man beobachte die Berichte genau. "Sowohl die hohe Geschwindigkeit als auch die Videos von den Folgen geben Anlass zu großer Sorge", sagte ein Sprecher.
Ein Sprecher von Premierminister Keir Starmer sagte, es sei eine "äußerst besorgniserregende Situation". Ohne weitere Details zu kennen, werde nicht über die Unglücksursache spekuliert. Nach Angaben der britischen Küstenwache ist es "wahrscheinlich", dass das Unglück eine Verschmutzung des Meeres zur Folge haben wird.
Reederei dementiert Berichte über Natriumcyanid
Berichte, wonach der Frachter "Solong" mehrere Behälter mit Natriumcyanid geladen habe, wurden von deren Reederei Ernst Russ dementiert. Natriumcyanid ist eine giftige Substanz, die das Ökosystem belasten kann. Die Container seien jedoch leer gewesen, hieß es in einer Mitteilung des in Hamburg ansässigen Unternehmens.
Sollte der Frachter in Küstennähe untergehen oder auf Grund laufen, wird aber befürchtet, dass Diesel im Tank des Schiffs die Küste verpesten könnte. Dieses Risiko sei inzwischen reduziert worden, hieß es in der Mitteilung des Verkehrsministeriums.
Aus dem beteiligten Tanker ist dem Schifffahrtsunternehmen Crowley zufolge Flugzeugtreibstoff ausgetreten. Den Angaben zufolge hatte die "Stena Immaculate" bei dem Zusammenstoß 220.000 Barrel (knapp 35 Millionen Liter) davon geladen. Die Ladung sei auf 16 voneinander getrennte Tanks verteilt gewesen, teilte der US-Konzern mit. Mindestens einer dieser Tanks sei bei dem Aufprall beschädigt worden. Wie viel von dem Treibstoff aber genau ins Wasser gelangt sein könnte, ist unklar. Laut BBC hatte der zivile Tanker den Treibstoff im Auftrag des US-Verteidigungsministeriums geladen.