Spannungen im Nordkosovo Scholz und Macron bemühen sich um Deeskalation
Nach den jüngsten Spannungen im Nordkosovo erhöhen die westlichen Staaten den Druck auf die Konfliktparteien. Deutschland und Frankreich forderten zur Beruhigung der Lage Neuwahlen in vier mehrheitlich serbischen Gemeinden.
Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron haben am Rande des Gipfeltreffens der Europäischen Politischen Gemeinschaft in Moldau Gespräche zur Entspannung des wieder eskalierten Konflikts im Nordkosovo geführt.
"Wir haben uns intensiv unterhalten mit Kosovo und Serbien", sagte Scholz am Abend nach einem Treffen mit Serbiens Präsident Aleksandar Vucic und der Präsidentin der Republik Kosovo, Vjosa Osmani.
Er selbst aber auch Macron und der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell seien sehr darum bemüht, die Spannungen zu deeskalieren. Zu den Erfolgsaussichten wollte sich Scholz nicht äußern. Er verwies lediglich darauf, dass für eine dauerhafte Lösung des Konflikts die bereits verhandelten Vereinbarungen umgesetzt werden müssten. "Darüber haben wir ganz intensiv und ernsthaft gesprochen", sagte er. "Wir werden sehen, was davon gelingt." Es sei "eine sehr ernste Sache."
Gewalt im Norden des Kosovos
Die Lage im mehrheitlich serbisch bevölkerten Norden des Kosovos bereitet in der EU und in der NATO seit Tagen große Sorgen. Militante Serben hatten am Montag in der Ortschaft Zvecan bei Protesten Friedenstruppen der NATO mit Brandsätzen und Steinen angegriffen. Diese setzten Tränengas und Blendgranaten ein. 30 italienische und ungarische Soldaten sowie mehr als 50 Serben erlitten Verletzungen.
Die Proteste hatten sich nach den Kommunalwahlen entzündet, die die Mehrheit der ethnisch-serbischen Bevölkerung auf Geheiß der serbischen Regierung weitgehend boykottiert hatte. In der Folge wurden dann albanische Lokalpolitiker mit wenigen Stimmen zu Bürgermeistern gewählt. Die kosovarische Regierung brachte sie am Montag unter Polizeischutz in ihre Ämter. Serbische Bewohner der Region protestierten dagegen gewaltsam. Auch Einsatzkräfte der NATO-Friedenstruppe KFOR waren vor Ort und wurden angegriffen.
Das heute fast ausschließlich von Albanern bewohnte Kosovo hatte sich 2008 für unabhängig erklärt. Serbien erkennt diesen Schritt bis heute nicht an und verlangt die Rückgabe seiner ehemaligen Provinz.
Scholz und Macron fordern Neuwahlen in vier Gemeinden
Nach den jüngsten Spannungen erhöhen die westlichen Staaten den Druck auf die Konfliktparteien. Deutschland und Frankreich forderten zur Beruhigung der Lage Neuwahlen in vier mehrheitlich serbischen Gemeinden, US-Außenminister Antony Blinken rief die Spitzen des Kosovo und Serbiens zur sofortigen Deeskalation auf. Unterdessen gingen im Norden des Kosovo erneut sowohl ethnische Serben als auch ethnische Albaner auf die Straße.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte, er und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hätten die Präsidenten des Kosovo und Serbiens aufgefordert, die Neuwahlen "baldmöglichst" mit einer "Verpflichtung" seitens des Kosovo und einer "klaren Wahlbeteiligung" von serbischer Seite abzuhalten.
Scholz und Macron vermittelten am Rande des Gipfels der Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG) in Moldau zwischen der kosovarischen Präsidentin Vjosa Osmani und Serbiens Präsidenten Aleksandar Vucic. "Es ist jetzt wichtig, dass alle Beteiligten alles dafür tun, dass es zu einer Deeskalation kommt", sagte Bundeskanzler Scholz. Zudem sei es wichtig, dass sich die Bürger vor Ort "an den Wahlen beteiligen können". Das Ziel sei es, aus "dieser Spirale wieder herauszukommen".
Kosovos Präsidentin offen für Vorschlag
Kosovos Präsidentin Osmani sagte zur Forderung Deutschlands und Frankreichs, sie sei "bereit", diese Möglichkeit "in Betracht zu ziehen". Sie habe ihre Gesprächspartner darüber informiert, dass das kosovarische Recht eine Wahlwiederholung erlaube. Dafür müsse ein Fünftel der Wähler in einem Distrikt ein entsprechendes Verfahren anstoßen. Dafür sei aber "Beteiligung von deren Seite" nötig.
Ihr serbischer Kollege Vucic sei gebeten worden, "sich nicht einzumischen, die Bürger nicht unter Druck zu setzen". Es habe aber "keine Antwort von seiner Seite" gegeben, sagte Osmani. Sie hoffe jedoch, dass die Bürger "von ihren Rechten Gebrauch machen können, die im Kosovo durch die Verfassung garantiert sind".