Energiewende in der EU Slowakei setzt auf Kernkraft statt Kohle
Mit dem Jahr 2023 geht in der Slowakei auch die Stromgewinnung aus Kohle zu Ende: Das alte Kraftwerk wird zum Wasserstofferzeuger umgerüstet, aus Kohlegruben werden Tomatenplantagen. Energie kommt nun aus Kernkraft.
Auch der Chef der Internationalen Atomenergieagentur (IAEA) kam zum Gratulieren: Seit kurzem läuft im slowakischen AKW Mochovce der dritte Reaktor mit voller Leistung - und katapultiert das kleine Land in Ostmitteleuropa an die Weltspitze, was den Anteil von Atomkraft am Strommix betrifft.
Für IAEA-Chef Rafael Grossi ist das eine Erfolgsgeschichte: "Dieses Kernkraftwerk ist in der Tat eines der interessantesten auf dem europäischen Kontinent. Es produziert sauber und zuverlässig Strom für die Slowakei - und ich würde sogar sagen, für Europa."
Zuverlässig ist der Reaktor alter sowjetischer Bauart für Umweltschützer aus dem benachbarten Österreich keineswegs. In der Slowakei steht jedoch eine große Mehrheit der Bevölkerung hinter der Atomkraft - auch wenn sich der Ausbau von Mochovce enorm verzögert und verteuert hat. Der dritte Block und auch ein vierter sollten eigentlich schon rund zehn Jahre laufen. Statt knapp drei Milliarden Euro werden sie mehr als sechs Milliarden kosten. Am vierten Block wird noch gebaut.
Trotzdem ist der Chef der Slowakischen Stromwerke, Branislav Strycek, zufrieden. "Nach dem schrittweisen Hochfahren des dritten Blocks konnten wir seit Februar schon 1,3 Terawattstunden Strom ins slowakische Netz einspeisen", sagt er. "In diesem Jahr werden wir wahrscheinlich das beste Wirtschaftsergebnis in der Geschichte unserer Firma haben."
Aus Kohle- wird Wasserstoffkraftwerk
Auch die Slowakinnen und Slowaken sollen profitieren: Laut Wirtschaftsministerin Denisa Sakova ermöglicht der Ausbau der Atomkraft günstigere Strompreise für Privathaushalte. "Wenn wir nächstes Jahr unsere Kohlekraftwerke geschlossen haben, wird sich die Slowakei - auch dank des Starts von Mochovce 3 - Ländern wie Frankreich und Schweden anschließen, die bei der Dekarbonisierung sehr erfolgreich sind", kündigt sie an.
Ursprünglich wollte die Slowakei erst im Jahr 2030 aus der Kohle aussteigen. Vor fünf Jahren hat die Regierung das Datum auf 2023 vorgezogen - allerdings nicht wegen der klimaschädlichen Emissionen, sondern wegen der Kosten. Eigentlich rentiert sich die Kohleverstromung längst nicht mehr. Daher wird sie seit mehr als zehn Jahren subventioniert und per Umlage von allen Stromverbrauchern finanziert. Damit ist Ende Dezember Schluss: Dann ist das Kohlekraftwerk Novaky definitiv Geschichte.
Novaky war einmal der größte Stromproduzent des Landes und zuletzt noch für die Versorgung der Region relevant. Dort wurden Netze ausgebaut und es wurde in die Transformation der Kohleregion investiert - unter anderem mit EU-Fördergeldern. "Ein Ablagerungsbecken ist bereits rekultiviert", erzählt Stromwerkechef Strycek. "Hier wollen wir einen 10 Megawatt-Solar-Park bauen. Er soll Strom liefern, um im heutigen Kohlekraftwerk grünen Wasserstoff zu produzieren."
Tomaten in der Kohlegrube
Ein kleines Wärmekraftwerk in der Ostslowakei verbrannte noch unter anderem Kohle aus dem Ausland, ist aber kaum mehr in Betrieb und soll bald ganz umgestellt oder eingestellt werden. Auch die letzten Kohlegruben im Westen des Landes in Obernitra werden zum Jahresende stillgelegt - nach 114 Jahren eine große Wende, wie Adriana Sivakova von der slowakischen Bergbaugesellschaft einräumt.
Rund 1.000 Beschäftige werden bald ihren Arbeitsplatz unter Tage verlieren. Auf ehemaligen Kohlegruben wachsen aber schon Tomaten: Das Bergbauunternehmen hat sich zu einem der größten Tomatenproduzenten der Slowakei entwickelt. Immerhin einige Kumpel haben inzwischen umgesattelt - vom Kohleabbau auf den Tomatenanbau.