Krieg gegen die Ukraine Bachmut vor dem Fall?
In Bachmut wird die Lage für die ukrainische Armee immer schwieriger. Russische Soldaten versuchen unter großen Verlusten, die symbolträchtige Stadt im Osten des Landes einzukesseln. Steht sie vor dem Fall?
"Bakhmut holds", "Bachmut hält aus", heißt es seit Monaten jeden Tag auf dem Twitter-Account "War Monitor". Für viele Ukrainer ist das eine beruhigende Nachricht. Auch gestern standen wieder dort wieder die beiden Worte. Aber wie lange noch?
Der Name "Bachmut" hat längst hohe Symbolkraft. Die Stadt ist seit mehr als einem halben Jahr heftig umkämpft. Beide Lager kamen über Wochen kaum voran, die Kämpfe erinnerten viele an den Stellungskrieg im Ersten Weltkrieg.
Die Lage wird immer schwieriger
Jetzt verändert sich die Lage. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte eingeräumt, dass die Situation in Bachmut immer schwieriger werde.
In seiner nächtlichen Videoansprache sagte er jetzt: "Wir befassen uns ausführlich mit der Situation an jeder der Frontlinien." Am schwierigsten seien nach wie vor Bachmut und "die Schlachten", die für die Verteidigung der Stadt wichtig seien. "Ich danke allen ukrainischen Soldaten, die trotz dieses wahnsinnigen Drucks der Besatzer unsere Stellungen verteidigen und die russische Armee vernichten."
Auch der Sprecher des Generalstabs, Andrij Kowaljow, zeichnet in seinem Lagebericht ein düsteres Bild: "Der Feind rückt weiter in Richtung Bachmut vor. Er hört nicht auf, die Stadt zu stürmen", sagt er.
Dunkelgrün: Vormarsch der russischen Armee. Schraffiert: Von Russland annektierte Gebiete.
Russen im Norden, Osten und Süden
Übereinstimmenden Berichten zufolge haben die Russen Bachmut von Norden, Osten und Süden her fast eingekesselt. Derzeit gibt es offenbar nur noch eine Straße, über die sich die ukrainische Armee zurückziehen kann.
Wladislaw Selesnjow ist ukrainischer Oberst im Ruhestand. Im ARD-Interview sagt er: "Die Situation in Bachmut ist durchaus kritisch. Neben der Tatsache, dass die Kämpfe de facto von drei Seiten geführt werden, ist davon auszugehen, dass fast alle Verbindungswege zwischen Bachmut und dem Rest des Landes unter dem Beschuss der russischen Armee stehen."
Russische Armee nimmt hohe Verluste in Kauf
Die russische Armee und die Söldnertruppe Wagner nehmen seit Wochen hohe Verluste in Kauf, um voranzukommen - und konzentrieren sich ganz darauf, die Stadt einzunehmen. "Tatsächlich gibt es dort immer mehr russische Soldaten", sagt Selesnjow.
Außerdem kämpften dort Eliteeinheiten von Putins Armee: russische Fallschirmjäger, Elitetruppen der Söldnergruppe Wagner. "Sie haben Unterstützung von ihren Artillerieeinheiten, die Initiative auf dem Schlachtfeld hat momentan die russische Armee."
Es wird also immer enger. Die Ukrainer haben bisher versucht, die Stellung zu halten. Zum einen, um russische Truppen in Bachmut zu binden und ihnen hohe Verluste zuzufügen. Zum anderen, um strategisch wichtige Verkehrswege für die Russen zu blockieren. Es ist offen, wie lange das noch gelingen kann. Wie Selesnjow rechnen viele in der Ukraine mit einem baldigen Abzug.
Will die Ukraine mehr Soldaten schicken?
Umso größer ist das Aufsehen über eine Meldung, die heute auf ukrainischen Nachrichtenportalen zu lesen ist. Demnach sollen sogar mehr Soldaten nach Bachmut geschickt werden. Das habe der Befehlshaber der Landstreitkräfte so entschieden, heißt es. Ob er das freilich wirklich beabsichtigt, ist unklar. Es könnte sich auch um ein Ablenkungsmanöver handeln.
Die beiden Worte "Bakhmut holds" dürften auch heute wieder auf dem Twitter-Account zu lesen sein. Ob das aber auch noch in einigen Wochen der Fall sein wird? Darauf würden hier derzeit wohl nicht allzu viele wetten.