Kehrtwende vor Wahlen Sunak will britische Klimaziele abschwächen
Der britische Premier Sunak will ein Jahr vor der Parlamentswahl seine Klimapolitik verwässern. Damit stößt er auch in den eigenen Reihen auf Widerstand: Einige Abgeordnete planen schon, ihm das Vertrauen zu entziehen.
Die britische Regierung plant, ihre Klimaziele abzuschwächen. Premierminister Rishi Sunak erklärte am Dienstag, das Land solle weiterhin bis 2050 klimaneutral werden. Dies solle jedoch auf eine "bessere, verhältnismäßigere Weise" geschehen.
Zur Begründung für die Verwässerung der Klimaziele erklärte Sunak, Politiker aus allen Lagern seien "nicht ehrlich in Bezug auf die Kosten und Kompromisse". Er werde die "langfristigen Interessen unseres Landes über die kurzfristigen politischen Bedürfnisse des Augenblicks stellen".
Autobranche besorgt über Kehrtwende
Insbesondere solle das Verkaufsverbot für neue Diesel- und Benzinfahrzeuge um fünf Jahre auf 2035 verschoben werden. Sunak plant laut britischen Medienberichten auch, die geplante schrittweise Abschaffung von Gasheizungen ab 2035 zu ändern.
Der britische Autobauerverband SMMT zeigte sich besorgt. Staat und Industrie hätten Milliarden in die E-Mobilität investiert. Verbandschef Mike Hawes sagte dem Sender BBC, eine Verschiebung des Verbots könne dazu führen, dass Autofahrer den Umstieg auf Elektroautos verzögern.
Protest in der eigenen Partei
Auch innerhalb der regierenden Konservativen Partei gibt es starke Kritik an der Ankündigung Sunaks - die eventuell zu einer Spaltung der Tories führen könnte. Mehrere Abgeordnete seiner Partei drohten, dem Regierungschef das Vertrauen zu entziehen, falls er seine Pläne vorantreibe.
Der Tory-Abgeordnete und frühere Energie-Staatssekretär Chris Skidmore warnte, Sunak mache "den größten Fehler seiner Amtszeit". Sunaks früherer Umweltberater Zac Goldsmith sprach von einem "Moment der Schande". "Seine kurze Amtszeit als Premierminister wird als der Moment in Erinnerung bleiben, in dem das Vereinigte Königreich der Welt und künftigen Generationen den Rücken kehrte", sagte er der BBC.
Ed Miliband, der für Energiefragen zuständige Abgeordnete der oppositionellen Labour-Partei sprach von einer "kompletten Farce einer Tory-Regierung, die buchstäblich nicht weiß, was sie Tag für Tag tut".
Buhlen um Wählerstimmen
Die als konservative Hardlinerin bekannte Innenministerin Suella Braverman stellte sich hinter ihren Premier: "Wir werden nicht den Planeten retten, indem wir die Briten in den Bankrott treiben", sagte Braverman dem Sender Times Radio. Auch konservative Medien begrüßten Sunaks Pläne. "Endlich! Gesunder Menschenverstand", schrieb etwa die "Daily Mail".
Beobachterinnen und Beobachter gehen davon aus, dass Sunak vor der nächsten Parlamentswahl in der Wählergunst aufholen will. In Umfragen liegt die oppositionelle Labour-Partei vor den Konservativen, derzeit sieht es nach einem Regierungswechsel aus.