Verdacht der Spionage Ex-Verfassungsschützer in Wien festgenommen
In Österreich soll ein Ex-Verfassungsschützer sensible Daten abgegriffen und verkauft haben. Verbindungen hatte er offenbar auch zu Ex-Wirecard-Vorstand Marsalek, gegen den in Großbritannien wegen Spionage für Russland ermittelt wird.
Wien gilt als Hochburg der Spione. Geheimdienstliche Tätigkeiten sind in Österreich nämlich nur dann verboten, wenn sie sich gegen das Land selbst richten. Das scheint im aktuellen Fall um Egisto O. aber wohl der Fall zu sein: Der nun Festgenommene war lange beim BVT tätig, dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, das mittlerweile aufgelöst ist.
Schon seit 2017 wird gegen O. aufgrund mehrerer Verdachtsfälle ermittelt. Paul Schliefsteiner, Leiter des Österreichischen Zentrums für Geheimdienst- und Sicherheitsstudien, erklärt, O. habe sich offenbar ein Netzwerk aufgebaut und mit Informationen und Daten gehandelt. Und zwar "zunächst aus seiner Position im BVT heraus, wie es aussieht. Und was das ganz Spannende ist, er ist schon 2017 aus dem BVT weggekommen. Und scheint es aber geschafft zu haben, sowohl diese Tätigkeit selbst als sie auch über sein Netzwerk weiter fortführen zu können", sagt Schliefsteiner.
Handydaten von hohen Beamten mutmaßlich weiterverkauft
So soll Egisto O. 2022 die Handydaten dreier hoher Beamter im Innenministerium an Russland verkauft haben. Die Kopien wurden laut Medien angefertigt, nachdem die Männer bei einem Betriebsausflug mit einem Kanu gekentert waren, samt ihrer Handys. Die mussten daraufhin repariert werden, dabei sollen die Daten kopiert worden sein.
Der Verkauf der Daten soll Grund der jetzigen Festnahme von Egisto O. sein. Die Informationen darüber sollen aus Großbritannien gekommen sein. Dort wird gegen Jan Marsalek ermittelt, den flüchtigen Wirecard-Vorstand. Dieser soll ein Netzwerk bulgarischer Agenten befehligt haben, die unter anderem eben in Großbritannien für Russland spionierten.
Auch zu Marsalek soll Egisto O. nämlich Verbindungen haben, ihn mit Informationen versorgt haben. Der Beschuldigte äußerte sich zuletzt 2021 in einem Fernsehinterview zu den diversen Vorwürfen gegen ihn - und wies alles von sich: "Vollkommener Schwachsinn. Also ich habe noch nie irgendwelche dienstlichen Daten irgendjemandem weitergegeben oder geschweige denn irgendwo Geld, irgendwas dafür genommen."
Informationen von EU-Mitgliedern im Visier
Der Fall Egisto O. wirft erneut die Frage auf, wie tief die russischen Netzwerke in Österreichs Innenpolitik und Sicherheitskreise reichten beziehungsweise reichen. Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer hat deshalb den Nationalen Sicherheitsrat einberufen, das zentrale Beratungsgremium der Regierung in Sicherheitsfragen.
Der Historiker und Russland-Experte Wolfgang Müller von der Universität Wien sieht aber eine Dimension, die über Österreichs nationale Sicherheit weit hinausgeht. "Als EU-Mitglied besitzt Österreich natürlich auch Einblick und Mitbestimmung in vielen multilateralen EU-Angelegenheiten. Und das ist natürlich von wesentlich größerer Relevanz als Österreich alleine."
Russland, glaubt Müller, gehe es dabei nicht nur um das Absaugen von Informationen – sondern auch um das Einschleusen. Um Propaganda also.