Vorstoß von Kommissionspräsident Juncker Von der Leyen für europäische Armee

Stand: 08.03.2015 21:37 Uhr

Kommissionschef Juncker will eine gemeinsame Armee aller EU-Staaten - um Russland zu beeindrucken und um Geld zu sparen. Einen Konflikt mit der NATO sieht er dabei nicht. Unterstützung kommt vor allem aus Deutschland.

28 Armeen in Europa? Oder eine europäische Armee? EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker ist für die europäische Variante. Er kann sich vorstellen, dass auch die Streitkräfte in der EU künftig zusammenarbeiten - und belebt damit eine Idee, die schon gut sechzig Jahre alt ist. Bereits 1952 wollten Frankreich, Deutschland, Italien und die Benelux-Staaten eine europäische Verteidigungsgemeinschaft als Reaktion auf den Zweiten Weltkrieg. Damals scheiterte das Projekt an Frankreich.

Heute bekommt Juncker vor allem aus Deutschland Unterstützung, unter anderem von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Es sei gut, eine starke europäische Armee zu haben, um deutlich zu machen, dass die EU entschlossen sei, die Menschenrechte und den Frieden auf der Welt zu verteidigen, sagte die Ministerin.

Ukraine-Krise als Anstoß

Den Frieden verteidigen? Die Krise in der Ukraine und die Ängste der östlichen EU-Länder sind offenbar der Anstoß für Europa, über eine neue Außen- und Sicherheitspolitik nachzudenken. Eine Armee der Europäer würde auch "Russland den Eindruck vermitteln, dass man es ernst meint damit, europäische Werte zu verteidigen", sagte Juncker. Ein weiterer Vorteil sei das Geld, das die einzelnen EU-Länder sparen könnten, etwa bei der Entwicklung und beim Kauf militärischer Ausrüstung.

Auch der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, CDU-Politiker Norbert Röttgen, sagt: Die Europäer gäben zusammen im Vergleich zu Russland ein Vielfaches für das Militär aus, doch die Fähigkeiten der "nationalen Kleinarmeen" blieben unzureichend.

Kein Widerspruch zur NATO

Eine große europäische Armee statt einem Flickenteppich aus 28 unterschiedlichen Streitkräften - geht das überhaupt mit Blick auf die NATO? Juncker will keine Konkurrenz aufkommen lassen. Von der Leyen sieht keinen Widerspruch, denn die Europäer seien tief verwurzelt in der NATO, müssten aber auch ihren eigenen Beitrag bringen.

Deshalb wäre es gut, dass es in Europa nicht zum Teil Doppelstrukturen gebe - oder Defizite, die keiner mehr füllen könne, so von der Leyen. Sondern, dass man sich innerhalb der EU besser abstimme. Ziel müsse eine einsatzfähige, starke Armee sein, die aber auch wisse, wo sie ihre Position innerhalb der Nato habe.

Schon gute Erfahrungen gemacht

In Deutschland gibt es bereits erste Ansätze: Etwa die Zusammenarbeit zwischen Bundeswehr und französischer Armee in der deutsch-französischen Brigade, die zurzeit einen Trainingseinsatz im westafrikanischen Mali hat. Gute Erfahrungen gebe es auch mit dem deutsch-niederländischen Korps und der Kooperation mit der polnischen Armee, sagt von der Leyen. "Wir verflechten unsere Armeen so sehr, dass keiner mehr über die Köpfe der anderen vorweg marschieren kann, sondern, dass wir alles gemeinsam tun - und damit auch im europäischen Geist."


Kommt die EU-Armee, würde in der Verteidigungspolitik das geschehen, was in anderen Bereichen bereits funktioniert. Zum Beispiel beim europäischen Binnen- und Arbeitsmarkt, der möglich macht, dass Europäer innerhalb der EU frei reisen, leben und arbeiten können, dass es keine Zölle mehr gibt und die Außengrenzen gemeinsam sichert werden. Anfangen will die EU mit den Ländern, die schon jetzt in der Außen- und Sicherheitspolitik zusammenarbeiten: Deutschland, Frankreich, die Niederlande und Polen.

Karin Bensch, K. Bensch, WDR Brüssel, 08.03.2015 20:57 Uhr