Europawahl in der Slowakei Überraschungssieg der EU-Freunde
Die Wähler in der Slowakei haben für eine Überraschung gesorgt: Ein proeuropäisches Bündnis wurde stärkste Kraft, obwohl die beiden Partner erst seit kurzem existieren.
Die Botschaft ist eindeutig: Die Slowaken haben für Europa und gegen ihre Regierung gestimmt. Anders als in allen Umfragen hat nicht die größte Parlamentspartei gewonnen, sondern eine neue Allianz aus zwei EU-freundlichen Kräften.
"Wahlkampf ohne Angst, Hass und Populismus"
Spitzenkandidat Michal Simecka spricht von einem Mandat für Veränderung. "Wir haben klar gemacht, dass wir uns die Slowakei in einem starken und demokratischen Europa vorstellen, ohne ein 'Aber' hinzuzufügen", sagte Simecka. "Wir haben einen positiven Wahlkampf geführt, ohne Angst, Hass und Populismus."
Darauf hatte im Frühjahr auch Zuzana Caputova gesetzt. Die Anwältin hat eine der neuen liberalen Parteien, die "Progressive Slowakei", mitgegründet - vor gerade einmal zwei Jahren. Ihre Wahl zur Präsidentin hat dem Bündnis sicherlich Auftrieb gegeben. Genau wie die Enthüllungen über Mafia-Strukturen im Staat nach dem Mord an dem Journalisten Jan Kuciak.
Sozialdemokraten in der Krise
Die Massenproteste hatten zwar Langzeit-Premier Robert Fico zum Rücktritt bewegt, gewandelt hat sich die Partei aber kaum, gesteht auch ihre Spitzenkandidatin Monika Flasikova-Benova ein. "Das ist vor allem ein Ergebnis, das unsere Parteiführung zur Selbstbesinnung bringen sollte. Aber zu einer realen, nicht nur einer vorgetäuschten."
Flasikova-Benova hat für die sozialdemokratische Smer-Partei nur knapp 16 Prozent geholt. Das schlechteste Wahlergebnis seit Jahren. Deren Verfall sei kaum noch zu stoppen, glaubt der Soziologe Michal Vasecka. "Diese Wahlen deuten einen gewaltigen Wandel in der Slowakei an. Das zeigt nicht nur der Erfolg der neuen Parteien, sondern auch die Ergebnisse der Opposition. Und natürlich das komplette Durchfallen der Koalitionspartner."
Rechtsextreme erstmals mit Sitz im EU-Parlament
Diese beiden, die rechtsnationale SNS und die Ungarn-Partei Most-Hid, haben den Sprung über die nationale Fünf-Prozent-Hürde verpasst. Sie haben vor allem die junge urbane Mittelschicht verloren. Die konnte die neue Bewegung mobilisieren. Aber auch die rechtsextreme "Volkspartei Unsere Slowakei" hat zugelegt. "Ich bin zum ersten Mal bei Europawahlen", erzählt die 64-jährige Jana. "Vorher war ich EU-skeptisch. Aber in diesen extremen Zeiten habe ich extrem gewählt."
Die Partei des Neonazis Marian Kotleba wird mit zwölf Prozent drittstärkste Kraft und gewinnt zwei der 13 slowakischen Sitze. Die Wahlbeteiligung war mit knapp 23 Prozent zwar deutlich höher als beim EU-weiten Allzeittief 2014 mit 13 Prozent. Aber als nächstes werden die jungen liberalen Parteien beweisen müssen, dass sie sich nicht so schnell den Wind aus den Segeln nehmen lassen. Die nächsten Parlamentswahlen stehen in neun Monaten an.