Kritik an Fidesz-Kompromiss "Schmutziger Deal im Wahlkampf"
Die Suspendierung der ungarischen Fidesz-Partei aus der Europäischen Volkspartei ist von Sozialdemokraten, Grünen und Liberalen scharf kritisiert worden. CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer zeigt sich jedoch zufrieden.
SPD und Grüne sehen in der Suspendierung der ungarischen Fidesz-Partei von Ministerpräsident Viktor Orban durch die Europäische Volkspartei (EVP) einen faulen Kompromiss. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sagte der Deutschen Presse-Agentur, bei der Entscheidung gehe es nicht um Europa oder die Demokratie. "Hier geht es um einen schmutzigen Deal im Wahlkampf."
Der SPD-Europa-Parlamentarier Jens Geier sprach von einem wachsweichen Kompromiss. Ein Aussetzen der Mitgliedschaft ergäbe nur Sinn, wenn sich die Politik von Ungarns Präsident Orban änderte.
Grüne: "Weber verliert weiter an Glaubwürdigkeit"
Die Grünen-Spitzenkandidatin für die Europa-Wahl, Ska Keller, sagte gegenüber der "Passauer Neuen Presse", es sei der Versuch, über die Europawahl hinaus Zeit zu schinden. EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber (CSU) verliere als Kandidat für die Präsidentschaft der EU-Kommission "weiter an Glaubwürdigkeit, solange er Fidesz weiterhin schützt".
Der Fraktionschef der Liberalen, Guy Verhofstadt, nannte das Vorgehen der Konservativen einen politischen Trick.
CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer befürwortete den Beschluss. "Dieses Einfrieren der Mitgliedschaft gibt Fidesz die Chance, die nach wie vor bestehenden Zweifel, ob die Partei das Verständnis für die gemeinsamen Werte der EVP teilt und auf dieser Grundlage eine zukünftige vertrauensvolle Zusammenarbeit möglich ist, vollkommen auszuräumen", erklärte sie. Gleichzeitig sei sichergestellt, dass die Orban-Partei "bis zu dieser Klärung auf den politischen Kurs der EVP keinen Einfluss nehmen kann".
CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer: Zeit für Fidesz-Partei, Zweifel auszuräumen
Suspendierung aus mehreren Gründen
Die EVP hatte beschlossen, die Mitgliedschaft der Fidesz-Partei vorerst auf Eis zu legen. Hintergrund war Kritik an Orbans Weg zu einer "illiberalen Demokratie" sowie aktuell eine Plakatkampagne gegen EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker, der ebenfalls der EVP angehört. Für den Beschluss stimmte eine überwältigende Mehrheit der Vorstandsmitglieder. Vor der Abstimmung war auf Wunsch der Ungarn eine Formulierung in den Text aufgenommen worden, demzufolge das Gremium und die Fidesz-Partei die Aussetzung der Mitgliedschaft "gemeinsam" vorgeschlagen hätten.
Eine Experten-Kommission unter der Führung des ehemaligen EU-Ratschefs Herman Van Rompuy soll nun entscheiden, wann und ob die Mitgliedsrechte der Partei wieder in Kraft gesetzt werden. Orban erklärte dazu, dass Ungarn eine dreiköpfige Delegation von Fidesz-Politikern benannt habe, die mit Van Rompuys Weisenrat "verhandeln" werde. Zugleich bekräftigte der rechtsnationale Politiker, dass seine Partei weiterhin die Kandidatur des EVP-Fraktionschefs Weber für das Amt des EU-Kommissionspräsidenten unterstützen werde.