Zweitägiger Parteikongress in Dublin EVP kürt ihren Kandidaten für Europa
Alle großen Parteien haben ihre Spitzenkandidaten für die Europawahl schon gewählt. Jetzt folgen die Konservativen. Beste Chancen hat Luxemburgs Ex-Regierungschef Juncker. Die Kandidaten sollen Schwung in den Wahlkampf bringen.
Von Kai Küstner, NDR-Hörfunkstudio Brüssel
Europawahlen finden in der Regel in den warmen Monaten statt: letztes Mal im Juni, diesmal Ende Mai. Das Argument, es sei ja so behaglich warm daheim und auf dem Weg zur Wahlkabine so bitterkalt, zieht also nicht als Ausrede. Obwohl also der Ofen zu Hause in der Regel aus ist, fiel es bislang stets schwer, die Menschen hinter selbigem hervorzulocken für Europa.
Das soll jetzt anders werden - mit Hilfe von Spitzenkandidaten: "Wenn uns das gelingt, mit glaubwürdigen Kandidaten, die mit einem Konzept und gegeneinander sichtbar antreten, dann hat die Europawahl erstmal etwas, was ihr bislang fehlt - nämlich ein Spannungsmoment", sagt Martin Schulz, der Spitzenkandidat der europäischen Sozialdemokraten. Die stellen im Europaparlament derzeit die zweitstärkste Fraktion und haben laut Umfragen derzeit ungefähr gleich gute Chancen, ihren Mann durchzubringen wie die Europäische Volkspartei (EVP).
Der EVP gehören aus Deutschland CDU und CSU an. Auch sie treten im Mai mit einem Spitzenkandidaten, erstmals in der Geschichte. "Man darf sich davon auch keine Wunder versprechen. Denn ob in Griechenland jemand Herrn Juncker kennt oder auf Zypern jemand Herrn Schulz wichtig findet, das weiß ich nicht. Aber es zwingt die Parteien dazu, nicht mehr alleine nur für sich zu wurschteln. Der Wahlkampf wird europäisch", sagt der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament, Herbert Reul.
Europaweiter Wahlkampf und TV-Duelle
Vom Berliner Politik-Personal haben die Deutschen immerhin ein paar Gesichter vor Augen oder ein paar Stimmen im Ohr. Europa betreffend war das bisher nicht so: Selbst die ganz Wichtigen, die Barrosos und van Rompuys, bekommt man schnell durcheinander. Das soll durch europaweiten Wahlkampf und TV-Duelle diesmal anders werden. Jedes Mikrofon, das den Spitzenleuten der großen Parteien hingehalten wird, ist ein gutes Mikrofon, weil dort kein rechter Anti-Europäer hineinsprechen kann, so das Kalkül: "Ich sage Ihnen: Wenn das gelingt, werden sie gerade in Ländern wie Frankreich, den Niederlanden und Italien, wo die populistische Parteien stark sind, die Aufmerksamkeit von denen wegziehen", so Martin Schulz.
Probesitzen auf dem Stuhl des Kommissionspräsidenten?
Im Prinzip nun bewirbt sich jeder Spitzenkandidat für den wohl begehrtesten Posten in Europa - den des Kommissionspräsidenten. Im Prinzip - denn mitreden dürfen hier zwei mächtige EU-Institutionen: das Parlament auf der einen, die Staats- und Regierungschefs auf der anderen Seite. Und das macht es kompliziert. Kanzlerin Angela Merkel jedenfalls schien im Herbst vergangenen Jahres noch hörbar Probleme mit eben diesem Bekenntnis zu haben: Dass ein Spitzenkandidat - vorausgesetzt, seine Partei bekommt die meisten Stimmen - sogleich schon mal auf dem Sessel des Kommissionspräsidenten probesitzen gehen könnte: "Da ist für mich kein Automatismus sichtbar zwischen Spitzenkandidaturen und Besetzung von Ämtern."
Bislang war es stets so, dass die Staats- und Regierungschefs unter sich ausmachten, wer Kommissionspräsident wurde. Doch der Vertrag von Lissabon gibt dem Parlament hier erstmals mehr Macht. Und den Wählern übrigens auch. Denn das Ergebnis der Abstimmung muss bei der Entscheidung der Staatenlenker berücksichtigt werden, wie es im Vertragstext heißt.
Die Europawahl wird also spannend. Auch wegen der offenen Frage, was aus einem siegreichen Spitzenkandidaten am Ende tatsächlich wird. Es gibt also gleich eine ganze Reihe von Gründen, Ende Mai hinterm Ofen hervorzukriechen und zu wählen. Wo der Ofen ja ohnehin kalt ist.