EU-Gipfel zur Finanzmarktkrise in Paris Europäer gehen weiter getrennte Wege
Ein gemeinsames Programm zur Rettung der Banken nach US-Vorbild möchte EU-Ratspräsident Sarkozy - allerdings winken viele Partner, darunter Deutschland, ab. Klar ist aber auch: Die Zeit der nationalen Alleingänge ist vorbei. Und so tagen die Spitzen der EU zur Stunde in Paris.
Von Christoph Wöß, BR-Hörfunkstuido Paris
Es könnten harte Verhandlungen werden in Paris. Denn eigentlich, so hatte sich Gastgeber Nicolas Sarkozy das vorgestellt, sollte er Deutschland, Großbritannien und Italien schnell für seinen Plan begeistern können, auf die internationale Finanzkrise mit einem EU-weiten Rettungsfonds zu reagieren.
Doch Deutschland erteilte dem Plan schon eine Abfuhr, noch ehe er richtig veröffentlicht war. Bundeskanzlerin Angela Merkel will verantwortungslosen Bankern keinen Freibrief ausstellen. Aber um die Verhandlungen im Elysée nicht zu belasten, formulierte sie bei ihrer Ankunft in Paris ihr Nein als "Ja, aber": "Wir sind der Meinung, dass die Politik natürlich in einer so schwierigen Situation Verantwortung übernehmen muss. Allerdings sind wir auch der Meinung, dass die, die Schäden verursacht haben, natürlich auch ihren Beitrag leisten müssen", so die Kanzlerin.
Auch Luxemburg skeptisch
Auch der luxemburgische Regierungschef Jean-Claude Juncker, der als Chef der Eurogruppe an dem Treffen teilnimmt, hält wenig von einem Rettungsfonds auf Kosten der EU-Steuerzahler. Frühzeitig hat Gastgeber Sarkozy deshalb seine Forderungen heruntergeschraubt. Jetzt verlangt er nur noch, etwas schwammig: "Wir müssen gemeinsam handeln."
Kurz vor dem Treffen hatte er einen wichtigen Landsmann auf diesen Kurs eingeschworen - den Chef des Internationalen Währungsfonds, Dominique Strauss-Kahn. "Die ganze Erfahrung des Internationalen Währungsfonds lehrt uns, dass man in so einer Situation gemeinsam handeln muss, und zwar weltweit. Deshalb ist die Antwort richtig, die der amtierende EU-Ratspräsident, Nicolas Sarkozy, gibt. Er will, dass die Europäer gemeinsam reagieren, dass sie miteinander solidarisch sind. Wir müssen schnell und abgestimmt handeln", so Strauss-Kahn.
Zeit der nationalen Alleingänge vorbei
Dass nationale Alleingänge nicht weiter helfen, hat Großbritannien deutlich zu spüren bekommen. Kaum hatte die irische Regierung in Dublin eine staatliche Einlagengarantie für die größten Banken beschlossen, schichteten britische Finanzinstitute große Summen nach Irland um - sehr zum Ärger der Regierung in London. Eine Konsequenz zog Premierminister Gordon Brown schon daraus: Er schlug ein 15-Milliarden-Euro-Programm vor, mit dem kleinere mittelständische Unternehmen gefördert werden sollen, die unter der Bankenkrise besonders leiden. Es soll allen betroffenen Europäern zugute kommen, nicht nur Briten.
Das dürfte im Sinne von Gastgeber Sarkozy sein, dem es vor allem darum geht, verloren gegangenes Vertrauen in das Finanzsystem wieder herzustellen. In der Welt von heute, sagte Sarkozy bevor er mit Angela Merkel im Elysée-Palast verschwand, müsse Europa seinen Willen bekunden, "dass es nach Lösungen sucht - und das wird bei jedermann Vertrauen schaffen. Bei den Steuerzahlern und bei den Kunden der Banken".
Mehr Transparenz, mehr Risikoabsicherung
Konkret werden sich die Gipfelteilnehmer vermutlich darauf einigen, dass die nationalen Bankenaufsichten ihre Informationen untereinander besser austauschen, und dass Kreditrisiken besser abgesichert werden. Vermutlich wird Sarkozy das Treffen auch dazu nutzen, für einen Vorschlag zu werben, mit dem er bisher nur ein verhaltenes Echo ausgelöst hat: einen Weltgipfel, der sich mit der Finanzkrise befasst.