Scharfe Worte im Gasstreit aus Prag Streithähne sollen sich selbst einigen
Die tschechische EU-Ratspräsidentschaft gibt sich hart: Im Gasstreit zwischen der Ukraine und Russland will man nicht vermitteln, sondern pocht auf Liefergarantien. Falls diese nicht erfüllt würden, habe die EU Möglichkeiten, Russland und die Ukraine zu umgehen.
Der russische Gaskonzern Gasprom kündigte unterdessen an, im Konflikt mit dem ukrainischen Energieunternehmen Naftogas das internationale Schiedsgericht für Wirtschaftsstreitigkeiten in Stockholm anzurufen. Naftogas will in diesem Fall mit einer Gegenklage reagieren.
Von Christina Janssen, ARD-Hörfunkstudio Prag
Scharfe Töne aus Prag - und zwar gegen beide Konfliktparteien. Die tschechische Ratspräsidentschaft lehnt es ab, im Streit zwischen Russland und der Ukraine um Gaslieferungen zu vermitteln. Daran ließ Europaminister Alexandr Vondra in Prag keinen Zweifel: "Wir halten das für einen rein kommerziellen Konflikt und werden nicht Partei ergreifen. Wir werden nicht vermitteln, aber wir werden handeln."
Für die Verbraucher in Europa habe der Konflikt derzeit keinerlei Folgen, betonte Vondra. Niemand in der EU müsse befürchten, dass das Gas knapp werden könnte. "Kurzfristig gibt es keinen Grund zur Sorge. Die Gasspeicher in Mitteleuropa sind voll."
EU-Fachleute sollen Pipeline kontrollieren
Damit das auch so bleibt, will die tschechische EU-Ratspräsidentschaft eine internationale Expertengruppe bilden, die beide Länder besuchen soll. Die Spezialisten könnten zum Beispiel die Messstationen entlang der Gaspipeline durch die Ukraine kontrollieren. Weitere Schritte sollen bei einem Ministertreffen kommende Woche in Prag besprochen werden. Das Signal der tschechischen Ratspräsidentschaft ist deutlich: Man will den Streithähnen nicht lange zusehen.
"Wenn das zu lange so geht und sich wiederholt, hat Europa Möglichkeiten, Russland und die Ukraine zu umgehen, was die Lieferung und Durchleitung von Gas angeht", sagt Vaclav Bartuschka, Energieexperte im tschechischen Außenministerium. Das ist die Botschaft an beide Seiten: Wir haben keinen Grund, hier jedes einzelne Detail zu überprüfen. Uns ist das egal. Wir haben einen Vertrag, und wir wollen, dass er erfüllt wird. Punkt."
Der Energieexperte betonte, niemand in der EU könne derzeit einschätzen, wer Schuld trage an dem Konflikt. Niemand habe Zugang zu den tatsächlichen Daten. Und die Aussagen der beiden Konfliktparteien lägen weit auseinander.
Langfristige Lösung gesucht
Tschechien hatte das Thema Energieversorgung in Europa ohnehin zu einem der wichtigsten Themen seiner Ratspräsidentschaft erklärt. Schon vor dem aktuellen Konflikt zwischen Russland und der Ukraine. Jetzt geht es für Europa darum, nicht nur kurzfristige, sondern auch langfristige Strategien zu finden, um sich aus der Abhängigkeit einzelner Energie-Lieferanten zu befreien.