75 Jahre danach Hiroshima gedenkt der Atombomben-Opfer
Am 6. August 1945 warfen die USA die erste Atombombe in einem Krieg auf Hiroshima ab. Bei der Gedenkfeier warb der Bürgermeister der Stadt für den Atomwaffenverbotsvertrag - und mehr Beistand für die Opfer.
In Schuluniform stehen drei Schülerinnen vor dem leeren Mahnmal im Friedenspark von Hiroshima und beschließen mit ihrem Gesang die halbstündige Gedenkfeier, 75 Jahre nach dem Atombombenabwurf mit mehr als 100.000 Toten.
Zuvor hatten zwei Schüler an die Welt und die rund 800 anwesenden Zuschauer appelliert: "So etwas darf nie wieder passieren. Die ermutigenden Worte der Überlebenden, die die Stadt wiederaufgebaut haben, leben für immer in unseren Herzen weiter."
Wegen des Coronavirus fiel die Veranstaltung um ein Vielfaches kleiner als ursprünglich geplant. Genau um 08.15 Uhr wurde die Friedensglocke geschlagen und eine Schweigeminute eingelegt.
Appell des Bürgermeisters an die Regierung
Hiroshimas Bürgermeister, Kazumi Matsui, forderte in seiner kurzen Ansprache nicht nur eine Abkehr von den Atomwaffen. "Ich appelliere an die japanische Regierung, den Stimmen der Strahlenopfer Gehör zu schenken und den Atomwaffenverbotsvertrag zu unterzeichnen und zu ratifizieren", sagte er. Als einziges Land, das Opfer von Atomwaffen wurde, müsse Japan die weltweite Öffentlichkeit für den Geist von Hiroshima gewinnen.
Es brauche auch einen größeren Beistand für die Opfer von damals, die inzwischen ein Durchschnittsalter von 83 Jahren haben. Viele litten immer noch an den Folgen des Unglücks. Der Hinweis des Bürgermeisters kommt nicht von ungefähr: Erst vergangene Woche wurde die japanische Regierung von einem Gericht dazu verurteilt, weitere Opfer anzuerkennen.
UN-Generalsekretär kritisiert fehlenden Dialog
UN-Generalsekretär Antonio Guterres sollte ursprünglich Ehrengast bei der Gedenkfeier in Hiroshima sein, doch wegen der Corona-Pandemie wurde daraus nur eine Videobotschaft. Auch er forderte eine komplette Abschaffung von Massenvernichtungswaffen und äußerte sich besorgt über die aktuelle Entwicklung.
"Teilung, Misstrauen und fehlender Dialog sind auf dem Vormarsch und verschärfen den Wettbewerb um Nuklearwaffen", warnte er. Atomwaffenstaaten modernisierten ihre Arsenale und entwickelten neue und gefährliche Waffen.
Abe sieht Japan in der Vermittlerrolle
Auch Japans Regierungschef Shinzo Abe sagte, das Ziel müsse eine atomwaffenfreie Welt sein. Sein Land sehe sich dabei als Vermittler zwischen Atom- und Nicht-Atomstaaten.
Sein Land sehe sich als Vermittler, sagte Japans Regierungschef Shinzo Abe.
Bürger trauern im Friedenspark
Stunden bevor die offiziellen Vertreter ihre Kränze im Friedenspark ablegten, kamen bereits zahlreiche Bürger Hiroshimas und legte an dem Betonbogen, in dem die Namen der Opfer hinterlegt sind, Blumen nieder - so wie der 76 Jahre alte Yasuhiro Asaeda.
"Wir sind alt geworden und werden nicht mehr so lange leben. Es wäre schön, wenn die Welt eine friedvollere wäre", sagte er. Damit sprach er gegenüber einem AP-Reporter aus, was viele Strahlenopfer in dieser Zeit umtreibt: Die Sorge, dass mit ihrem Ableben die Erinnerung an dieses schreckliche Unglück verblasst.
Viele Bürger Hiroshimas legten am Kenotaph Blumen nieder.