Sorge bei Amnesty nach Putsch Wo sind Erdogans Gefangene?
Im Zuge der "Säuberungswelle" nach dem Putschversuch in der Türkei sind Tausende Menschen festgenommen worden. Doch was ist mit ihnen passiert? Laut Amnesty International ist das Schicksal vieler Gefangener unklar - insbesondere das der mutmaßlichen Rädelsführer.
Mehr als zwei Wochen nach dem gescheiterten Putsch in der Türkei ist nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Amnesty International der Verbleib vieler Gefangener noch immer unklar. Vor allem sei unbekannt, wo die mutmaßlichen Rädelsführer des Putsches hingebracht worden seien, sagte der Türkei-Experte der Organisation, Andrew Gardner, der Deutschen Presse-Agentur.
Viele Festgenommene sind laut Gardner aus Kapazitätsgründen überall im Land in Sporthallen oder Reitställen unter teils menschenunwürdigen Bedingungen untergebracht. "Die Festgenommenen müssen mit ihren Familien kommunizieren können und Zugang zu ihren Anwälten haben", forderte er. Es gebe jedoch keine offiziell zugängliche Liste, aus der hervorgehe, wo wer untergebracht werde.
Bericht über Folter in Polizeigewahrsam
Amnesty hatte vergangene Woche in einem Bericht auf mögliche Folter in Polizeigewahrsam hingewiesen. Die türkische Regierung streitet die Vorwürfe vehement ab. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hatte gestern gesagt, es könne sein, dass Soldaten "während der Tumulte Tritte und Schläge abbekommen haben". Für Folter gebe es jedoch null Toleranz. Gardner hält solch ein Dementi für "nicht glaubhaft".
Rabiate "Säuberungswelle"
Nach dem Putschversuch von Teilen des Militärs am 15. und 16. Juli hat Präsident Erdogan einen 90-tägigen Ausnahmezustand verhängt. In dem Land läuft eine "Säuberungswelle" im Militär und bei der Polizei, in den Medien, der Justiz und im Bildungsbereich. Nach offiziellen Angaben von Ende vergangener Woche wurden bislang fast 19.000 Menschen festgenommen, gegen mehr als 10.100 von ihnen ergingen Haftbefehle. Zudem wurden nach offiziellen Angaben mehr als 58.600 Staatsbedienstete suspendiert und fast 3500 dauerhaft entlassen.
Die EU und die Bundesregierung haben sich besorgt gezeigt über die hohe Zahl an Festnahmen und Suspendierungen. Erdogan macht den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen und dessen Anhänger für den Putschversuch verantwortlich. Kritik am harten Vorgehen gegen mutmaßliche Verschwörer wies er zurück.