EU und NATO beraten über Kaukasus-Konflikt EU schickt 200 Beobachter nach Georgien
Vom 1. Oktober an soll eine EU-Mission den Abzug der russischen Truppen aus Georgien überwachen. Das beschlossen die EU-Außenminister nach Angaben von Diplomaten. Die 200 zivilen Beobachter werden in "Pufferzonen" zu Südossetien und Abchasien stationiert - nicht aber in den abtrünnigen Regionen selbst. Zudem beschlossen die Außenminister, Georgien mit 500 Millionen Euro beim Wiederaufbau des Landes zu unterstützen.
Von Christopher Plass, HR-Hörfunkstudio Brüssel
Das vereinbarte Signal aus Moskau ist da. Am Sonntag hieß es, der Rückzug russischer Truppen aus den sogenannten Pufferzonen in Georgien habe begonnen. Damit kann die EU-Beobachtermission nachrücken. Die Außenminister gaben heute den Startschuss dafür. Rund 200 Personen soll die Mission umfassen. Ihr Hauptauftrag: den Waffenstillstand überwachen, unbewaffnet übrigens. "Wir sind bereit, eine EU-Mission auf den Weg zu bringen und uns als Deutsche zu beteiligen; ein notwendiger Beitrag zur Stabilisierung", so Außenminister Frank-Walter Steinmeier.
Keine Beobachter in abtrünnige Gebiete
Rund 40 Kräfte aus Deutschland sollen sich beteiligen, wie es aussieht, keine Bundeswehr-Soldaten, sondern möglicherweise Polizisten. Dass die Mission losgeschickt wird, ist unstrittig. Ärger gab es jedoch über ihr Einsatzgebiet. Denn die EU zählt die abtrünnigen Provinzen Abchasien und Südossetien weiter zum georgischen Staatsgebiet: Nach EU-Lesart müsste die Beobachtermission auch dort Zugang haben.
Russland aber hat beide Regionen als unabhängig anerkannt. Ohne Zustimmung der beiden Regierungen könnten die EU-Beobachter keinesfalls in diese Gebiete, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow. Die Europäische Union beugte sich dem und wird ihre Leute zunächst nur ins georgische Kerngebiet schicken. Man müsse warten, wie sich die Dinge vor Ort entwickeln, sagte EU-Chefdiplomat Javier Solana.
Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy hatte in der Frage Südossetien und Abchasien bei seinem letzten Moskau-Besuch vor einer Woche keine Garantien ausgehandelt. Ein Umstand, der den NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer kürzlich in den ARD-Tagesthemen irritierte: "Man kann nicht in Moskau sagen, wir respektieren die territoriale Integrität Georgiens und im selben Moment sagen, wir bleiben mit Truppen in Abchasien. Das verstehe ich nicht. Und ich glaube auch nicht, dass das die EU akzeptieren kann."
NATO-Georgien-Kommission geplant
Während die EU in dieser Frage mit Rücksicht auf Moskau vorsichtig operiert, ist die NATO in Georgien etwas deutlicher in Stellung gegangen. Heute werden die NATO-Botschafter unter der Leitung des Generalsekretärs im georgischen Tiflis tagen und dort politische Gespräche führen. Auch die Gründung einer sogenannten NATO-Georgien-Kommission ist geplant: Die Außenminister haben dies kürzlich vereinbart, um die weiteren Schritte zu einer möglichen NATO-Mitgliedschaft Georgiens zu begleiten.
Russland hat dagegen protestiert. NATO-Generalsekretär de Hoop Scheffer aber erinnert an den Grundsatzbeschluss des letzten NATO-Gipfels von Bukarest mit Blick auf Georgien: "Die Staats- und Regierungschefs der NATO haben gesagt: Georgien wird Mitglied der NATO sein. Das ist eine ganz wichtige Schlussfolgerung."
Wann Georgien in den sogenannten Aktionsplan (MAP) als Vorstufe einer späteren Mitgliedschaft eintreten wird, ist offen und in der Allianz auch umstritten. Während die USA drängen, stehen vor allem Deutschland und Frankreich auf der Bremse. Russland will einen NATO-Beitritt Georgiens auf keinen Fall zulassen. Dass mehr als siebentausend russische Soldaten weiter in Südossetien und Abchasien stationiert sind, muss Georgien auch künftig als Warnung verstehen.