Athens Kampf gegen die Korruption Ein Minister mit Mission
Die griechische Regierung macht ernst mit dem Kampf gegen die Korruption. Der zuständige Minister hat eine Mission: Er will Milliarden Euro von Steuerbetrügern eintreiben und das Land vor der Pleite retten. Doch noch bewege sich zu wenig, sagen Kritiker.
Auf den neuen Anti-Korruptions-Minister Panagiotis Nikoloudis wartet viel Arbeit. Denn fast jeder Grieche kann ein eigenes Erlebnis erzählen. Diesen jungen Mann aus Athen traf es bei der Führerscheinprüfung: "Mein Fahrlehrer sagte vor der Prüfung: 'Wenn Du bestehen willst, dann bring einen Fakelaki mit' - also einen kleinen Umschlag mit Bargeld drin. 'Die Fahrprüfung findet dann auf einem ebenen, großen Platz statt, ganz leicht. Wenn Du aber nichts gibst, geht’s in eine Gegend mit Hügeln und steilen Straßen.'" 300 Euro seien der übliche Tarif, um einen Führerscheinprüfer zu bestechen, sagt der junge Mann.
Minister Panagiotis Nikoloudis will Griechenland von der Korruption befreien. Das ist seine Mission. Der 65-jährige Staatsanwalt war zuvor Chef der Behörde zur Bekämpfung der Geldwäsche. Er will zunächst einmal an die großen Fische heran, nämlich an diejenigen, die Millionenbeträge an Steuern hinterzogen haben: "Wir haben 3500 offensichtliche Fälle von Steuerhinterziehung; dabei handelt es sich um Vermögenswerte von insgesamt sieben Milliarden Euro. Etwa 40 Prozent davon stehen dem Staat als Steuereinnahmen zu. Das sind gut 2,5 Milliarden Euro."
Doch der Staat komme an diesen Schatz nicht heran, weil die Steuerfahndung nicht genügend Personal habe, sagt Nikoloudis. Bislang arbeiten angeblich gerade mal 17 Steuerfahnder in ganz Griechenland an den großen Fällen. Der neue Minister will so schnell wie möglich neue Fahnder einstellen und ausbilden, damit der Staat an die hinterzogenen Milliarden herankommt.
Prozesse dauern sehr lange
Doch es gebe noch mehr Hürden, warnt Konstantinos Boukaris. Er bekämpft schon seit Jahren die Korruption in Griechenland. Der Chef des Athener Büros von Transparency International sagt: "Wir haben ein Problem mit unserer Justiz. Die Prozesse dauern sehr lange, weil dort sehr viele Fälle anhängig sind. Es sind Tausende Fälle. Wir müssen dieses Problem schnell lösen. Denn sonst kann es passieren, dass jemand wegen Korruption festgenommen wird, dass es das Gericht aber nicht schafft, ihn innerhalb der vorgeschriebenen Frist zu verurteilen." Dann platze der Prozess nämlich.
Für den Kampf gegen Korruption und Steuerhinterziehung würden Regierung und Justiz aber einen langen Atem brauchen, meint Boukaris. Die Bevölkerung werde diesen Weg aber unterstützen, sagt der Transparency-Experte, "denn aus Untersuchungen wissen wir, dass sich immer mehr Leute weigern, Bestechungsgelder zu zahlen. Etwa 20 Prozent der Befragten sagen: 'Wir wurden zwar aufgefordert zu zahlen, haben's aber nicht getan.'" Es bewege sich also etwas in Griechenland, auch wenn es nur eine kleine Welle sei. "Wir brauchen aber einen Tsunami, damit sich wirklich etwas ändert."
Diesen Tsunami will der neue Anti-Korruptionsminister Nikoloudis auslösen, denn ihm ist klar, dass Steuerhinterziehung und Korruption die Hauptursachen für die Schuldenkrise in Griechenland sind: "Leider hat es in unserem Land in den vergangenen Jahrzehnten überhaupt keinen Kontrollmechanismus gegen Korruption gegeben, der einigermaßen funktionierte." Deshalb sei es fast ein Wunder, dass die Krise nicht viel früher ausgebrochen sei, meint Nikoloudis.
Viele Griechen wünschen dem neuen Minister Erfolg in seinem Kampf gegen die Korruption. Denn allzu gerne würden sie das Wörtchen "Fakelaki" als Inbegriff für Bestechungsgeld im Alltag aus ihrem Wortschatz streichen.