Regierungschef besorgt über Neonazi-Partei Samaras vergleicht Griechenland mit Weimar
Der griechische Ministerpräsident Samaras warnt vor dem Zerfall der Gesellschaft seines Landes. Der Zusammenhalt sei durch die steigende Arbeitslosigkeit gefährdet, "so wie es gegen Ende der Weimarer Republik war", sagte er dem "Handelsblatt". Zugleich warnte er vor einem Aufstieg der Neonazis.
Der griechische Ministerpräsident Antonis Samaras hat mit dramatischen Worten vor den Folgen einer weiteren Verschlechterung der wirtschaftlichen und sozialen Lage seines Landes gewarnt. "Die griechische Demokratie steht vor ihrer vielleicht größten Herausforderung", sagte der konservative Regierungschef dem "Handelsblatt". Der Zusammenhalt sei durch die "steigende Arbeitslosigkeit gefährdet, so wie es gegen Ende der Weimarer Republik in Deutschland war".
Eine große Gefahr sei dabei der Aufstieg radikaler politischer Kräfte. Die Gesellschaft "als Ganzes" sei bedroht durch Populisten der extremen Linken und "durch etwas, das es in unserem Land noch nie zuvor gegeben hat - den Aufstieg einer rechtsextremistischen, man könnte sagen, faschistischen Neonazi-Partei", sagte der griechische Regierungschef. Diese sei in Umfragen bereits die "drittstärkste politische Kraft in Griechenland, Tendenz wachsend". Seit der Wahl vom 17. Juni ist die rechtsextremistische Partei Chryssi Avgi (Goldene Morgenröte) mit 18 Abgeordneten im Parlament vertreten.
"An der Grenze des Zumutbaren"
Samaras sagte, wenn seine Regierung scheitere, "wartet auf uns das Chaos". Er führe "den Kampf seines Lebens". Sein Land sei aber zu Opfern bereit, sagte der konservative Politiker. Binnen fünf Jahren hätten die Griechen mehr als ein Drittel ihres Lebensstandards verloren. Seine Politik bedeute nochmals einen tiefen Einschnitt, dies sei aber "der letzte", danach müsse es "Licht am Ende des Tunnels" geben. Sein Land sei an "der Grenze dessen, was wir unserer Bevölkerung zumuten können", sagte Samaras.
Daher habe Bundeskanzlerin Angela Merkel den richtigen Ton getroffen, als sie bemerkte, ihr blute angesichts dieser Schicksale das Herz, meinte Samaras. Er lud die Kanzlerin, die in Griechenland teilweise Zielscheibe von Schmähungen ist, nach Athen ein. "Sie ist uns jederzeit willkommen!" Kritisch äußerte sich Samaras über den FDP-Vorsitzenden und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler. Dieser sei "offensichtlich nicht unser bester Verbündeter". Rösler hatte im Juli gesagt, das Szenario eines Austritts Griechenlands aus der Eurozone habe "längst seinen Schrecken verloren".
Samaras bekräftigte dagegen, der Austritt aus dem Euro sei keine Option für Griechenland - "er wäre eine Katastrophe". Auf die Frage, bis wann Griechenland ohne die nächste Rate noch durchhält, sagte er: "Bis Ende November. Dann ist die Kasse leer." Zugleich forderte er mehr Zeit bei der Sanierung. "Was wir brauchen, ist mehr Zeit für die Haushaltskonsolidierung - aber nicht unbedingt mehr Hilfskredite", sagte er.
Merkel reist am Dienstag nach Athen
Bundeskanzlerin Merkel ließ inzwischen ankündigen, dass sie am Dienstag nach Athen reist. Sie nehme damit die von Samaras bei seinem Deutschlandbesuch ausgesprochene Einladung an, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Themen sollten die Situation in Griechenland und in der Euro-Zone, internationale Fragen und bilaterale Themen sein. Die griechischen Gewerkschaften riefen für Dienstag zu Proteststreiks und Demonstrationen gegen Merkel auf.