Dunkles Kapitel deutscher Kolonialgeschichte Freude und Frust nach Rückkehr der Herero-Schädel
Ein dunkles Kapitel deutscher Kolonialgeschichte ist mit einem symbolischen Akt beendet worden: Die Schädel von 20 Angehörigen der Stämme Herero und Nama sind von Berlin nach Namibia gebracht worden. Doch vielen reicht dieser Akt nicht. Sie fordern, dass die Gräuel der Kolonialzeit als Völkermord anerkannt werden.
Tausende Namibier haben am Flughafen von Windhuk ergriffen das Eintreffen von 20 zurückgegebenen menschlichen Schädeln aus Deutschland gefeiert. "Ein Willkommen an unsere Vorfahren, unsere Helden", stand auf Spruchbändern geschrieben. Dort war aber auch die Forderung nach Reparationszahlungen zu lesen.
Am Freitag in Berliner Charité übergeben
In zwei mit der namibischen Flagge geschmückten Särgen wurden die Schädel aus dem Flugzeug getragen. Bei den Schädeln handelt es sich um Knochen von Angehörigen der afrikanischen Stämme der Herero und Nama. Sie waren am Freitag in einem Festakt in der Berliner Charité einer namibischen Delegation zurückgegeben worden. Deutsche Anthropologen hatten die Schädel zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach Deutschland gebracht, um zum Ziel der Rassenlehre an ihnen zu forschen.
Opfer der deutschen Kolonialherren
Die getöteten Herero und Nama waren Opfer deutscher Kolonialtruppen. Diese hatten zwischen 1904 und 1907 in der damaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika Tausende Mitglieder der beiden Stämme getötet. Die Schätzungen über die genauen Opferzahlen schwanken zwischen 15.000 und 80.000.
Historiker bewerten das blutige Vorgehen der Kolonialherren als ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts. Die Bundesregierung entschuldigte sich erst 2004 für die Massaker, spricht aber weiter nicht von einem Völkermord. Entschädigungszahlungen lehnt sie mit dem Hinweis ab, dass die namibische Regierung jährlich großzügige Entwicklungshilfe aus Deutschland erhalte. Die namibische Regierung forderte bereits 2008 die Rückgabe der Schädel.
"Symbolischer Abschluss eines tragischen Kapitels"
Nach Angaben des Universitätsklinikums lagerten die Gebeine in verschiedenen Berliner Sammlungen und gelangten teilweise erst nach 1990 in die Obhut der Charité. Namibias Regierungschef Nahas Angula und zahlreiche seiner Kabinettsmitglieder begrüßten die Ankunft der Schädel. Namibia betrachte dies als einen "symbolischen Abschluss eines tragischen Kapitels", erklärte Angula.
Bei der Übergabe der namibischen Schädel während einer Zeremonie in der Berliner Charité am Freitag hatte es einen Eklat gegeben: Die namibische Delegation fühlte sich von der Bundesregierung nicht angemessen empfangen. Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt, wurde ausgebuht und verließ die Feier vorzeitig.