Die EU und der Iran Mischung aus Zu- und Misstrauen
EU-Außenbeauftragte Mogherini ist in Begleitung von sieben EU-Kommissaren zu Gesprächen in Teheran eingetroffen. Das Ziel: Die Wiederaufnahme der wirtschaftlichen Zusammenarbeit. Nach dem Ende der Sanktionen tasten sich Europa und der Iran nun behutsam aneinander heran.
Bevor EU-Parlamentspräsident Martin Schulz im November vergangenen Jahres in Richtung Teheran startete, rüstete er vorsichtshalber sich selbst und seine ganze Delegation mit einem Satz komplett neuer Smartphones aus, die keinerlei gespeicherte Kontakte oder E-Mails enthielten. Die EU-Vertreter mussten davon ausgehen, dass der iranische Geheimdienst nicht nur jedes Gespräch mithören, sondern zusätzlich auch alle vorhandenen Daten absaugen würde.
Es ist eben noch immer eine eigentümliche Mischung aus Zu- und Misstrauen, mit der sich die Europäer und die Iraner begegnen: "Nach wie vor ist es so, dass wir mehr als drei Jahrzehnte einer Politik der Trennung hinter uns haben. Das ist jetzt ein sehr zartes Pflänzchen, das wächst." Das sagte Martin Schulz in Teheran Anfang November.
"Der Iran ist kein verbotenes Territorium mehr"
Auch wenn sich Europa und der Iran jetzt noch ganz behutsam aneinander herantasten - nicht nur der EU-Parlamentschef erzählt, dass man hinter verschlossenen Türen nun sehr offen miteinander reden könne. Und zwar über angenehme und weniger angenehme Themen. Zum Beispiel über die Menschenrechtslage. Zu verdanken hat man das dem Atomabkommen, infolge dessen der Iran seine Zentrifugen zur Uran-Anreicherung abbaute - und der Westen seine Wirtschafts-Blockade.
"Die Aufhebung der Sanktionen bringt erstmal das Ende der wirtschaftlichen Isolation. Der Iran steht als Markt wieder zur Verfügung. Es ist kein verbotenes Territorium mehr", erklärt der Iran-Experte Cornelius Adebahr von der Denkfabrik Carnegie Europe.
Westen auf die Mithilfe des Iran angewiesen
Westliche Unternehmern, gerade auch Deutsche, wittern nun das große Geschäft am Persischen Golf. Die EU kann sich von einem verstärkten Studenten-Austausch bis hin zur Zusammenarbeit bei den erneuerbaren Energien eine ganze Menge vorstellen: "Eine große Hoffnung für die Zukunft ist, dass der Iran sich durch einen verstärkten wirtschaftlichen Austausch mittelfristig wandeln wird", so Adebahr. "Das ist aber bislang einfach nur eine Hoffnung. Und überhaupt nicht garantiert, dass das auch stattfinden wird."
Völlig unabhängig davon, in welche Richtung sich der Iran entwickelt: Bei der Eindämmung von mindestens zwei Konflikten ist der Westen auf die Mithilfe des Golfstaats dringend angewiesen. In Afghanistan, aber mehr noch in Syrien spielt der Iran eine Schlüsselrolle und sitzt bei den Friedensgesprächen mit am Verhandlungstisch. "Das war auch wichtig, dass der Iran da mit an diesen Tisch gekommen ist", sagt Iran-Experte Adebahr. "Lange Jahre bestand im Westen die Vorstellung, man könne und müsse diesen Konflikt ohne den Iran lösen. Jetzt hat sich herausgestellt, dass das nicht geht."
Machtkampf mit sich selbst
Nun ist Teheran in diesem Konflikt bislang - ähnlich wie Russland - als Beschützer des syrischen Machthabers Baschar al-Assad aufgetreten. Und konkurriert gleichzeitig mit Erzfeind Saudi-Arabien um die Macht am Golf. Und was die Dinge zusätzlich verkompliziert: Der Iran trägt derzeit nicht nur einen Machtkampf mit Saudi-Arabien aus, sondern auch mit sich selbst.
Ob sich die auf Öffnung bedachten Kräfte im Land gegen die religiös-konservativen durchsetzen, ist noch nicht entschieden. Es wird auf absehbare Zeit eine eigentümliche Mischung aus Zu- und Misstrauen bleiben, mit der sich Europa und der Iran begegnen.