Öl-Embargo der EU gegen Iran Bedauern aus Moskau, Beifall aus Washington
Beifall aus Washington und Jerusalem, Kritik aus Moskau: Das von der EU verhängte Öl-Embargo gegen den Iran ist international auf gemischte Reaktionen gestoßen. Das russische Außenministerium sprach von einer "zutiefst fehlerhaften Linie". Der Iran kritisierte die Sanktionen als kontraproduktiv.
Das von der EU verhängte Öl-Embargo gegen den Iran ist international nicht unkommentiert geblieben. Beifall kam von den Regierungen der USA und Israels. "Diese Sanktionen demonstrieren einmal mehr die Einheit der Weltgemeinschaft, wenn es um die ernsthafte Bedrohung durch das iranische Atomprogramm geht", sagte US-Präsident Barack Obama. Die USA würden damit fortfahren, Strafmaßnahmen zu verhängen und damit den Druck auf Teheran erhöhen.
Zu Jahresbeginn hatten die USA bereits ein Öl-Importverbot sowie Sanktionen gegen die iranische Zentralbank verhängt. Am Abend setzte das US-Finanzministerium nach eigenen Angaben eine weitere Bank auf die schwarze Liste. Betroffen ist das drittgrößte iranische Geldinstitut, die Bank Tejarat. Im Atomstreit mit Teheran seien damit Strafmaßnahmen gegen 23 Finanzinstitutionen in Kraft, die mit dem Iran in Verbindung stünden, teilte das Ministerium mit. Nun seien die Aktivitäten aller staatseigenen Geldinstitute des Iran eingeschränkt.
Beifall für den EU-Sanktionsbeschluss kam auch aus Jerusalem. Der stellvertretende israelische Außenminister Danny Ajalon sagte, mit den Sanktionen der EU sei die Kriegsgefahr gesunken.
"Besorgnis" aus Russland
Dagegen reagierte Russland mit "Bedauern und Besorgnis" auf die neuen EU-Sanktionen. Die EU verfolge im Atom-Streit mit Teheran eine "zutiefst fehlerhafte Linie", teilte das Außenministerium in Moskau mit. "Es ist offensichtlich, dass es sich in diesem Fall um offenen Druck handelt und um ein Diktat, den Wunsch, den Iran für seinen Starrsinn zu bestrafen." Ressortchef Sergej Lawrow formulierte seine Kritik wenig diplomatisch: "Diese einseitigen Schritte sind nicht hilfreich", sagte er.
Aus russischer Sicht bestehe kein Anlass, über die im UN-Sicherheitsrat vereinbarte gemeinsame Linie hinauszugehen, sagte Lawrow. Russland werde sich aber weiter für einen Dialog zwischen dem Iran und der 5+1-Gruppe (die UN-Vetomächte USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien sowie Deutschland) einsetzen. Russland ist ein enger Handelspartner des Iran.
Teheran sprach von noch mehr Problemen
In Teheran stießen die Sanktionen erwartungsgemäß auf keine Gegenliebe. Nach Ansicht der Regierung wird das Ölembargo eine Einigung im Atomstreit behindern. "Je mehr sich die EU in Richtung Sanktionen bewegt, desto mehr Hürden wird es bei der Beilegung des Nuklearstreits geben", sagte Vize-Außenminister Abbas Arakchi der amtlichen Nachrichtenagentur Irna. "Einige Länder betrachten Sanktionen als einen Weg, um den Nuklearstreit zu lösen. Aber dadurch verursachen sie eher noch mehr Probleme." Der Iran werde keine Zugeständnisse machen, betonte Arakchi. Die Tür für "wohlwollende Verhandlungen" sei aber nach wie vor offen.
Auch die EU erneuerte ihr Verhandlungsangebot. "Ich hoffe, dass der Iran positiv reagiert und unser Angebot von Verhandlungen annimmt", sagte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton und sie räumte ein: Die Sanktionen seien kein Weg zur Lösung des Konflikts mit dem Iran. Auch der schwedische Außenminister Carl Bildt sagte: "Die entscheidende Rolle liegt bei der Diplomatie."
Gemeinsame Dreier-Erklärung
Am Abend forderten Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy und der britische Premier David Cameron den Iran zu einem sofortigen Stopp seines Atomprogramms auf. "Wir rufen die iranische Führung dazu auf, ihre in der Kritik stehenden nuklearen Aktivitäten umgehend einzustellen und ihren internationalen Verpflichtungen vollständig nachzukommen", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der drei Staats- und Regierungschefs. "Wir werden eine nukleare Bewaffnung des Iran nicht akzeptieren."
Bis Teheran zu "ernsthaften Verhandlungen" über das Atomprogramm zurück an den Verhandlungstisch kehre, "werden wir gemeinsam starke Maßnahmen unterstützen, die die Möglichkeiten des iranischen Regimes zur Finanzierung seines Atomprogramms einschränken", hieß es in der Erklärung weiter.
Öl-Embargo am 1. Juli
Zuvor hatten sich die Außenminister der 27 EU-Staaten in Brüssel darauf geeinigt, ab 1. Juli die Einfuhr von iranischem Erdöl zu verbieten. Bis zu diesem Zeitpunkt dürfen bereits laufende Verträge noch abgewickelt werden. Es handelt sich um die bisher schärfsten Iran-Sanktionen der EU seit 2005.
Die EU erlässt auch ein Einfuhrverbot für petrochemische Produkte und ein Exportverbot für Ausrüstung des Ölsektors. Neue Investitionen in Ölfirmen im Iran sind nicht mehr erlaubt. Nach Angaben von Diplomaten werden die Konten der Zentralbank des Irans eingefroren. "Legitime Geschäfte" sollten jedoch "unter strengen Kontrollen" weiterhin möglich sein.
Den Geldhahn abdrehen
Mit dem Öl-Embargo soll die wichtigste Einnahmequelle des Irans getroffen werden. Die EU will damit Teherans mögliche Arbeiten an Atomwaffen erschweren oder verhindern und den Iran zur Einhaltung von Resolutionen des UN-Sicherheitsrates veranlassen.
Der Iran hatte 2010 an den gesamten Öleinfuhren der EU nur einen Anteil von 5,7 Prozent. In einigen EU-Staaten ist der Anteil jedoch höher: Griechenland ist zu 25 Prozent, Italien zu 13 und Spanien zu etwa 10 Prozent auf iranisches Öl angewiesen. Für den Iran ist die EU gemeinsam mit China der größte Handelspartner. 90 Prozent der Exporte aus dem Iran nach Europa sind Öl.
Sanktionen gegen Myanmar gelockert
Den entgegengesetzten Weg beschritten die EU-Außenminister bei Myanmar- dem ehemaligen Birma: Die Chefdiplomaten der 27 Staaten lockerten erste Sanktionen gegen die Führung des Landes, nachdem es dort eine Annäherung zwischen Militärregime und Opposition gab. "Der Rat begrüßt das bemerkenswerte Programm politischer Reformen, das von der Regierung und dem Parlament eingeleitet wurde, sowie die Verpflichtung für wirtschaftliche und soziale Entwicklung", erklärten die EU-Außenminister. In einem ersten Schritt beschlossen sie nun, Einreiseverbote gegen die Regierungsspitze des südostasiatischen Landes aufzuheben. Das betrifft Präsident Thein Sein, dessen Stellvertreter, die Mitglieder des Kabinetts sowie die Vorsitzenden der beiden Parlamentskammern. Experten sollen "weitere Schritte" prüfen.