Kompromiss zum Vertrag von Lissabon 27 Kommissare für ein irisches "Ja"
Um die Iren doch noch zur Annahme des Vertrags von Lissabon zu bewegen, hat sich die EU zu Zugeständnissen im Regelwerk bereit erklärt. Damit wäre die geplante Verkleinerung der EU-Kommission vom Tisch: Auch weiterhin soll jedes der 27 Mitglieder einen Kommissar stellen. Im Gegenzug soll in Irland schon 2009 ein zweites Mal über das EU-Vertragswerk abgestimmt werden.
Von Christopher Plass, HR-Hörfunkstudio Brüssel
Auch die zweite Volksabstimmung, die den Iren bevorsteht, wird kein Spaziergang. Das wurde heute bereits deutlich. Die Gegner des EU-Vertrages von Lissabon haben wieder mobil gemacht, mit einer kleinen Demo am Rande des EU-Gipfels. Und der Anführer der "No-Campagne", der Geschäftsmann und Millionär Declan Ganley, hat sein Hauptquartier in Brüssel aufgeschlagen.
Wenn Irlands Regierung ein zweites Referendum ansetzen wolle, um den EU-Vertrag doch noch durchzupauken, dann sei dies Betrug am demokratischen Bürger, so Ganley: "Die Regierungen hören uns nicht zu. Brüssel und die Elite hier will nicht einsehen, dass das Nein eine Antwort ist. Sie betreiben eine Verschwörung gegen europäische Bürger und ignorieren die Demokratie."
Ganley will die Europa-Wahlen im Juni zu einer EU-weiten Abrechnung mit Brüssel nutzen, mit Niederlassungen auch in anderen EU-Ländern. Die Befürworter des Lissabon-Vertrages müssen also gewarnt sein.
Ein zweites Referendum schon 2009?
Dennoch will Irlands Regierung eine zweite Volksabstimmung ansetzen. Um den EU-Vertrag zu retten, bleibt auch keine andere Wahl. Denn das Regelwerk, das in fast allen Staaten ratifiziert wurde, kann nur in Kraft treten, wenn alle EU-Länder zugestimmt haben. Irland ist das einzige Land, wo eine Volksabstimmung zwingend ist.
Die Strategie der irischen Regierung und auch der EU-Spitze war in den letzten Wochen, etwas Gras über die Abstimmungs-Schlappe vom 12. Juni wachsen zu lassen. Auf diesem EU-Gipfel aber soll nun ein Fahrplan verabschiedet werden, wie man ein zweites Referendum im kommenden Jahr möglichst erfolgreich gestalten kann. Der amtierende EU-Vorsitzende Sarkozy hat dies zu seinen Prioritäten erklärt.
Zusätzliche Garantien für Irland
Klar ist schon, dass Irland durch rechtsverbindliche Zusatz-Erklärungen bestimmte Garantien bekommen soll: Die EU versichert, dass sie sich in die Neutralität, die Steuer- oder die Abtreibungspolitik nicht einmischt. Denn die Vertragsgegner hatten in Irland seinerzeit die Sorge geschürt, die EU bedrohe Irlands Souveränität.
Ein EU-Kommissar pro Mitgliedsland
Der Kompromiss, den die Staats- und Regierungschefs der EU heute beschlossen, sieht vor, dass Irland wie alle anderen EU-Staaten einen EU-Kommissar behalten soll. Eigentlich sollte die EU-Kommission von jetzt 27 Mitgliedern deutlich verkleinert werden, damit könnte nicht mehr jedes Land einen Kommissar stellen. So sagt es der Lissabon-Vertrag. Doch EU-Kommissionspräsident Barroso kann sich auch vorstellen, dass alles so bleibt wie bisher: Er verstehe alle, die für eine kompaktere Kommission seien, so Barroso. Aber man denke auch an jene, die sagen: Wenn nicht mehr jedes Land die Möglichkeit hat, einen Kommissar zu benennen, reduziert das die Identifizierung mit den Institutionen der EU.
Das müsste man allerdings juristisch verankern und gleichzeitig vermeiden, dass alle noch einmal ratifizieren müssen. Außerdem gibt es nicht wenige, die eine kleinere EU-Kommission für effizienter halten. Zumal ja weitere Beitrittskandidaten vor der Tür stehen.