Selbstmordattentat in Istanbul Gezielter Anschlag auf Deutsche?
Nach dem Anschlag auf eine deutsche Reisegruppe in Istanbul sind weitere Details über die Opfer bekannt geworden. So stammen fünf der acht getöteten Deutschen aus Rheinland-Pfalz und Brandenburg, einer aus Hessen. Das russische Generalkonsulat bestätigte, dass drei Russen mit angeblichen Verbindungen zum IS in Istanbul festgenommen wurden.
Nach dem Terroranschlag in der türkischen Metropole Istanbul sind Einzelheiten zur Herkunft der Opfer bekannt geworden. Laut Behördenangaben kommen fünf der acht getöteten Deutschen aus Rheinland-Pfalz und Brandenburg, einer aus Hessen.
Darunter sind nach Polizeiangaben ein Ehepaar aus Mainz und ein Mann aus Bad Kreuznach. Dessen Ehefrau überlebte schwer verletzt. Unter den Todespfern ist nach Regierungsangaben zudem ein Ehepaar aus Brandenburg. Die Opfer gehörten zu einer Reisegruppe, die eine Drei-Länder-Tour eines Berliner Unternehmens "Lebenslust" gebucht hatte. Neun weitere Bundesbürger wurden zum Teil schwer verletzt. Insgesamt starben neben dem Attentäter zehn Menschen, 15 wurden verletzt.
Türkei macht IS verantwortlich
Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan machte schon kurz nach dem Anschlag einen "Selbstmordattentäter syrischer Herkunft" für die Tat verantwortlich. Später wurden Details über den Mann bekannt: Laut der türkischen Regierung hatte der 1988 geborene Täter einen Bezug zum IS und reiste erst kürzlich aus Syrien in die Türkei ein. Die türkische Nachrichtenagentur DHA berichtete dagegen, der Attentäter stamme aus Saudi-Arabien.
Drei Russen festgenommen
Unterdessen bestätigte das russische Generalkonsulat in Antalya Berichte, wonach die türkische Polizei drei russische Staatsbürger mit angeblichen Verbindungen zum IS festgenommen hat. Die Polizei habe in deren Unterkunft in der Mittelmeerstadt Antalya auch zahlreiche Dokumente und CDs sichergestellt, meldete die Dogan News Agency.
Galt der Anschlag deutschen Touristen?
Auch wenn die Herkunft des Attentäters noch nicht eindeutig geklärt ist, halten die Experten es für wahrscheinlich, dass es einen Bezug zur IS-Terrormiliz gibt. Der SWP-Experte Günter Seufert hielt im ARD-Brennpunkt die Version eines IS-Attentäters für glaubhaft. Ähnlich äußerte sich der Terrorexperte Peter Neumann in den tagesthemen. Unklar ist aber weiterhin, ob der Anschlag Deutsche treffen sollte.
Laut Neumann galt das Attentat eher westlichen Touristen, denn gezielt deutschen Touristen. Zudem sei es ein Zeichen, dass der IS die Türkei mittlerweile als "aktiven Feind" begreife. Allerdings habe sich die Terrormiliz noch nicht zu dem Istanbul-Anschlag bekannt. Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa liegen auch der Bundesregierung keine Hinweise darauf vor, dass sich der Anschlag gezielt gegen Deutsche richtete.
"Feinde aller freien Menschen"
Bundeskanzlerin Angela Merkel verurteilte den Anschlag als mörderischen Akt: "Die Terroristen sind Feinde aller freien Menschen, ja, sie sind Feinde aller Menschlichkeit", sagte sie. "Genau diese Freiheit und unsere Entschlossenheit, gemeinsam mit unseren internationalen Partnern, gegen diese Terroristen vorzugehen, werden sich aber durchsetzen."
Außenminister Frank-Walter Steinmeier sprach von "Stunden der Trauer, der Wut und des Entsetzens". "Seit vielen Jahren hat uns Deutsche der Terror nicht mehr so schwer getroffen wie heute in Istanbul", sagte Steinmeier.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière ist am Morgen nach Istanbul zu einem Besuch aufgebrochen. De Maizière werde den Tatort besuchen, zudem ist ein Treffen mit seinem türkischen Kollegen Efkan Ala geplant.
Kostenlose Stornierungen für Touristen
Nach dem Anschlag räumten mehrere deutsche Reiseunternehmen Kunden die Möglichkeit einer kostenlosen Stornierung ihrer Türkei-Reisen ein. Jedes Jahr reisen etwa vier Millionen deutsche Touristen in die Türkei. "Das Jahr 2016 können wir wohl vergessen", zitierten örtliche Medien einen Fremdenverkehrsunternehmer. Das Auswärtige Amt passte seine Reisehinweise für die Türkei umgehend an und empfahl Touristen, große Menschenansammlungen zu meiden.