Vorwurf der Spionage Türkische Journalisten verhaftet
Sie zählen zu den wichtigsten Journalisten der Türkei - doch Ankara sieht in Ihnen offenbar "Terroristen": Gegen den Chef der Zeitung "Cumhuriyet" und einen Kollegen sind Haftbefehle erlassen worden. Hintergrund ist ein Bericht über Waffenlieferungen.
Zwei prominente Journalisten sind in der Türkei wegen Berichten über einen angeblichen Waffenschmuggel nach Syrien in Polizeigewahrsam genommen worden. Ein Gericht entschied, dass der Chefredakteur der Zeitung "Cumhuriyet", Can Dündar, und der Ankara-Korrespondent Erdem Gül wegen der Vorwürfe des Terrorismus und des Verrats von Staatsgeheimnissen in Haft kommen.
Sie hatten im Mai Bilder veröffentlicht, auf denen ihrer Darstellung zufolge türkische Lastwagen zu sehen sind, die Waffen für Rebellen nach Syrien bringen. Die Aufnahmen sollen vom Januar 2014 stammen, als örtliche Behörden Lastwagen durchsuchten, die nach Syrien fahren wollten. Die Kontrollen hatten eine Konfrontation mit dem türkischen Geheimdienst zur Folge.
"Cumhuriyet" berichtete, die Bilder seien der Beweis, dass die Türkei Waffen für Rebellen nach Syrien schmuggele. Die Regierung weist diesen Vorwurf entschieden zurück. Doch Regierungsbeamte deuteten später an, dass die Waffen für Turkmenen in Syrien bestimmt gwesen sein könnten. Die Festnahme der beiden Journalisten ordnete das Gericht nach stundenlangen Verhören an.
DJV: Bundesregierung soll sich für Freilassung einsetzen
Bei mehreren Journalistenorganisationen in Deutschland rief die Verhaftung heftigen Protest hervor. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) forderte direkt von der Bundesregierung, sich für die Freilassung Dündars und Güls einzusetzen. "Journalismus ist kein Terrorismus", sagte der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall in einem Schreiben an Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Die beschuldigten Journalisten seien lediglich ihrer Aufgabe der kritischen Berichterstattung nachgekommen.
Überall schlug auch den Bogen zu dem am Wochenende geplanten EU-Gipfel zur Flüchtlingskrise. Die Türkei hat sich in der Frage, wie die EU-Staaten den anhaltenden Andrang an Flüchtlingen bewältigen sollen, als entscheidender Partner erwiesen, hat das Land doch bereits rund zwei Millionen Asylsuchende aus Syrien aufgenommen. Dafür könnte die Türkei im Gegenzug zum sicheren Herkunftsland ernannt werden. Aber: "Wo Journalisten verfolgt und eingesperrt werden, dürfen die Vertreter europäischer Demokratien nicht wegsehen", betonte der DJV-Vorsitzende.
Auch die Organisation "Reporter ohne Grenzen" schloß sich der Kritik an. "Die gestrigen Festnahmen zeigen einmal mehr, dass unabhängiger Journalismus in der Türkei nur unter schwersten Bedingungen möglich ist", sagte der Geschäftsführer der deutschen Sektion der Organisation, Christian Mihr. Die "Cumhuriyet" war erst vor Kurzem durch "Reporter ohne Grenzen" zum Medium des Jahres gekürt worden.
Auch die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di und der Bund türkischer Journalisten in Europa verurteilten die Verhaftung.