Sondersitzung im EU-Parlament Juncker will schnellen Brexit
Respektsbekundungen für die Briten, aber auch klare Worte: Kommissionspräsident Juncker hat Großbritannien aufgefordert, den Austritt aus der EU zu erklären. Er persönlich sei traurig, aber Europa könne sich keine Unsicherheit leisten. Das Parlament fordert in einer Resolution schnelle Verhandlungen.
Nach dem Brexit-Referendum hat EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker Großbritannien aufgefordert, so schnell wie möglich den Austritt aus der Europäischen Union offiziell zu erklären. "Ich möchte, dass das Vereinigte Königreich seine Position klarstellt", sagte Juncker vor dem Europaparlament in Brüssel. Dies müsse nicht heute oder morgen passieren, "aber schnell". Denn Europa könne sich keine "längere Phase der Unsicherheit" leisten.
Parlamentspräsident Martin Schulz hatte zu Beginn der Sondersitzung allen britischen Beamten und Angestellten in den europäischen Institutionen für ihre Arbeit und ihr Engagement über Jahrzehnte hinweg gedankt. "Wir bedauern zutiefst die Entscheidung, dass das Vereinigte Königreich uns verlassen will, aber Ihnen sind wir politisch und menschlich zutiefst verbunden", sagte Schulz. Er dankte auch dem scheidenden britischen Finanzmarktkommissar Jonathan Hill. Dieser war sichtlich bewegt, als seine Kommissionskollegen aufstanden und ihm lange applaudierten.
"Geheimverhandlungen verboten"
Auch Kommissionspräsident Juncker fand zunächst sehr freundliche Worte, sprach von "unseren britischen Freunden", von Respekt für die britische Demokratie und die Entscheidung der britischen Bürger. Er persönlich sei traurig, da er sich gewünscht habe, dass das Vereinigte Königreich "für immer bei uns bleibt", wie Juncker erklärte.
Aber der Kommissionspräsident sparte auch nicht mit Kritik - etwa an den anwesenden britischen Rechtspopulisten und Brexit-Befürworter Nigel Farage gerichtet. "Ich bin überrascht, dass Sie anwesend sind, Sie haben doch für den Austritt gekämpft", sprach er den britischen Politiker direkt an.
Anschließend stellte Juncker seine Vorstellungen zum weiteren Ablauf klar: "Solange Großbritannien nicht rechtsverbindlich seinen Austritt erklärt, gibt es von EU-Seite auch keine Verhandlungen über die Zeit nach dem Brexit." Und auch Vorgespräche oder gar geheime Verhandlungen mit Vertretern Großbritanniens werde es nicht geben, sagte Juncker. Das habe er den Kommissaren und Generaldirektoren in der EU verboten.
UKIP-Chef Farage für gemeinsame Handelszone
Als Farage schließlich das Wort ergriff, wurde es laut im Plenum. Denn er warf der EU vor, den Bürgern heimlich und durch Betrug eine politische Union aufgezwängt zu haben. Das Votum der Briten sei als ein Zeichen der Hoffnung zu bewerten - für alle anderen, die auch aus der Gemeinschaft herauswollten.
Farage sprach sich für eine gemeinsame Freihandelszone der EU mit Großbritannien aus, ohne Zölle und Beschränkungen. Das klang so ähnlich wie der europäische Binnenmarkt - aus dem Großbritannien möglicherweise demnächst austreten muss, wenn es seinen EU-Austritt erklärt.
Das Parlament veröffentlichte zum Abschluss der Debatte eine Resolution und forderte damit schnelle Verhandlungen über einen Austritt Großbritanniens aus der EU.