EU-Außenminister beraten über Kaukasus-Konflikt Vorsicht mit Vorverurteilungen
Die EU-Außenminister beraten über die Lage im Kaukasus und sind redlich um Diplomatie bemüht. Statt einseitiger Schuldzuweisungen sei Behutsamkeit geboten, mahnte Außenminister Steinmeier. Eine Debatte über das künftige Verhältnis zu Russland scheint aber unausweichlich.
Von Christopher Plass, HR-Hörfunkkorrespondent Brüssel
Als das Sondertreffen der EU-Außenminister einberufen wurde, gab es noch Krieg am Kaukasus. Jetzt herrscht Erleichterung, dass es wenigstens einen Waffenstillstand geben soll. Frankreichs EU-Präsidentschaft wurde dafür gelobt, in Moskau und Tiflis erfolgreich vermittelt zu haben. Aber ein Waffenstillstand ist noch kein Friede, so die Losung.
Jetzt sei Behutsamkeit geboten, einseitige Schuldzuweisungen solle die EU unterlassen, so insbesondere der Appell des deutschen Außenministers Frank-Walter Steinmeier. "Man kann sich entscheiden, starke Statements mit einseitigen Verurteilungen zu verabschieden oder aber eine wirkliche Rolle bei der weiteren Stabilisierung zu übernehmen", so Steinmeier. Das hieße, "alle Kanäle nach Tiflis und Moskau offen zu halten. Ich bin guter Hoffnung, dass wir uns in diesem Sinne entscheiden werden."
Litauens Außenminister Petras Vaitiekunas forderte zwar Konsequenzen im Verhältnis der EU zu Russland, aber niemand will in dieser Situation eines noch brüchigen Waffenstillstands Moskau brüskieren. Finnlands Außenminister Alexander Stubb, der im Namen der OSZE in Moskau und Tiflis verhandelt hatte, warnte ebenfalls vor einseitigen Schuldzuweisungen: "Wir werden eine sehr heftige Debatte über die Zukunft der Beziehungen zwischen Russland und der EU bekommen - aber bitte nicht heute."
Entsendung von Friedenstruppen?
Die Außenminister lassen sich vom französischen Amtskollegen Bernard Kouchner jenen Sechs-Punkte-Plan erläutern, den Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy, Kouchner sowie die Russen und Georgier zuletzt vereinbart hatten. Dazu gehört, dass die humanitäre Hilfe für die Kriegsopfer verstärkt wird. Auch die künftige Absicherung des Friedens in der Region wird Thema für die Europäische Union. Denn die Entsendung von Friedenstruppen - möglicherweise in Zusammenarbeit mit der UNO und der OSZE - ist eine Option.
Der schwedische Außenminister Carld Bildt bezweifelt allerdings, ob der Westen Friedenstruppen stellen wird. "Ich glaube nicht daran", so Bildt. "Im Moment hat Russland alles unter Kontrolle. Die geben keine Hinweise, dass sie andere hineinlassen würden. Ob die OSZE wieder reinkommt, ob die UNO in Abchasien überleben wird, alles unklar. Es gibt eine totale militärische Kontrolle durch Russland."
Neues Vertrauen zwischen Kreml und EU?
In jedem Fall wäre für eine solche Mission ein Beschluss des UN-Sicherheitsrates nötig. Kouchner unterstützt die Idee einer Peace-Keeping-Truppe. "Das ist eine gute Idee, sie muss aber auch akzeptiert werden", sagte er. "Ich kann das nicht entscheiden. Aber Beobachter dort zu haben - ich nenne das nicht Friedenstruppe." Das würden auch die Russen akzeptieren, so Kouchner. Der französische Außenminister wollte nicht davon sprechen, dass sich die Beziehungen zu Moskau nun verschlechtert hätten. Im Gegenteil: es gebe neues Vertrauen.