Jamal Khashoggi (Archivfoto: Dezember 2014)
Porträt

Getöteter Journalist Wer war Jamal Khashoggi?

Stand: 20.10.2018 12:47 Uhr

Der getötete Journalist Khashoggi galt als sachlicher Kritiker, nicht als radikaler Gegner des saudischen Königshauses. Doch seine Beziehungen waren ambivalent: Er stand Eliten, Islamisten und Demokraten nahe.

Sein Großvater war Arzt und behandelte den König, sein Onkel war ein bekannter Waffenhändler: Der saudi-arabische Journalist Jamal Khashoggi stammte aus einer namhaften saudischen Familie mit Beziehungen zu den Eliten. Geboren wurde Khashoggi 1958 in Medina. Zum Studieren ging er als junger Mann in die Vereinigten Staaten, schätzte aber nicht nur demokratische Werte, sondern auch islamistische. Er soll den Muslimbrüdern zumindest nahe gestanden und bis in die Gegenwart Kontakte mit Mitgliedern gepflegt haben.

In Bin Ladens Nähe

Als Reporter erlangte Khashoggi erstmals Aufmerksamkeit als früher Wegbegleiter Osama bin Ladens. Er interviewte den späteren Al-Kaida-Führer mehrfach in Afghanistan und im Sudan. Khashoggi selbst galt als konservativ und teilweise auch kritisch gegenüber dem Westen.

Die Radikalisierung bin Ladens lehnte er ab und sagte sich später von ihm los. Er wandte sich liberaleren Ideen zu und kritisierte die strikte Lesart des Islam durch die Salafisten, was ihn in Konflikt mit dem religiösen Establishment brachte.

Berater und Kritiker des Königshauses

Khashoggis Verhältnis zum Königshaus war ambivalent. Zeitweilig diente er als Berater des mächtigen Prinzen Turki al-Faisal, der lange Botschafter in Washington war und die Geheimdienste leitete. Zwischenzeitlich arbeitete Khashoggi sogar als Berater und inoffizieller Sprecher des Königshauses. In seiner langen Karriere arbeitete er für zahlreiche Medien. Zwei Mal übernahm er die Leitung der Zeitung "Al-Watan", zwei Mal musste er wegen seiner kritischen Berichterstattung gehen.

Doch bedrohlich wurde Saudi-Arabien für den groß gewachsenen Mann erst ab 2015, als Mohammed bin Salman zum Thronfolger und mächtigsten Mann im Staat aufstieg. Kronprinz Mohammed zerschlug die auf Ausgleich bedachten Strukturen in den höchsten saudischen Machtzirkeln und riss mehr und mehr Macht an sich. Widerspruch duldet er nicht.

Der saudische Kronprinz, Mohammed bin Salman

Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman: Mit seinem Aufstieg wurde es für Khashoggi bedrohlich.

Khashoggi sah sich nicht als Ziel

Aus Angst vor einer Festnahme ging Khashoggi ins Exil in die USA. Dort schrieb er vor allem für die "Washington Post". Dort kritisierte er immer wieder die Politik bin Salmans, darunter die verheerende Militärintervention im Jemen und die Blockade gegen Katar. Im März lobte Khashoggi in einem Artikel die innenpolitischen Reformen des Kronprinzen, kritisierte aber, dass er keine öffentliche Debatte darüber zulasse und Kritiker festnehmen oder verschwinden lasse.

An die Möglichkeit, selbst im Ausland getötet werden zu können, dachte Khashoggi offenbar nicht, als er das saudische Konsulat Anfang Oktober in Istanbul betrat. Nun wurde das Gewissheit, was viele schon seit Tagen ahnten: Der 60-Jährige wurde in der Auslandsvertretung getötet.

Die Tat wirft ein Schlaglicht auf die Lage der Pressefreiheit unter bin Salman. Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen steht Saudi-Arabien auf Platz 169 von 180, von einer freien Presse kann keine Rede sein. Der Tod Khashoggis dürfte nun im Westen die Debatte über den Umgang mit dem Verbündeten in Riad neu befeuern.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 19. Oktober 2018 um 13:14 Uhr.