EU-Gipfel tagt zum Klima Ringen um neue Klimaschutzziele
Die EU-Staats- und Regierungschefs versuchen sich heute auf neue Klimaschutzziele bis 2030 zu einigen. Wie stark sollen die CO2-Emmissionen reduziert werden? Und wie hoch soll der Anteil erneuerbarer Energien sein? Eine Einigung scheint unsicher.
Von Werner Eckert, SWR-Umweltredaktion
Das Klimaziel für 2020 ist in der EU ein Selbstläufer geworden: Selbst wenn in der EU keiner mehr einen Finger zusätzlich rührt, kommen die 20 Prozent zusammen. Der Ausstoß an Treibhausgasen wird immer am Basisjahr 1990 gemessen. Und da hat der Zusammenbruch der dreckigen Industrie in den östlichen Mitgliedsstaaten nach dem Ende des Sozialismus schon die halbe Arbeit geleistet.
Die andere Hälfte kommt durch Energiesparen und von den Erneuerbaren Energien - nicht nur in Deutschland übrigens. Die Industrie und die privaten Haushalte haben viel getan. Problemkind Nummer eins ist der Verkehr.
Das EU-Ziel für 2020 hat sich also als sehr locker gestrickt erwiesen. Die Unternehmen haben ihre Pflichten erfüllt und schon jetzt kein Interesse mehr am Klimagashandel teilzunehmen. Es gibt reichlich CO2-Verschmutzungsrechte am Markt und praktisch keine Nachfrage. Deshalb liegt auch der Klimagashandel am Boden.
Umweltverbände fordern 50 Prozent-Beschluss
Für 2030 - rechnen Umweltverbände vor - sind 35 Prozent weniger Klimagase schon fast mit den bestehenden Regeln erreichbar. Deshalb fordern sie vom Gipfel einen 50 Prozent-Beschluss. Ihr Argument: Wenn der Klimawandel wirklich auf vertretbare zwei Grad beschränkt werden soll, dann dürfen bestimmte Mengen an CO2 in der Atmosphäre nicht überschritten werden.
Das wiederum geht nur, wenn die Industriestaaten bis Mitte des Jahrhunderts ihren Beitrag zum Problem um 80 Prozent zurückfahren bis 2050. Erfahrungsgemäß wird das Sparen ja immer schwieriger, also muss es jetzt viel schneller gehen. Außerdem würde ein ambitioniertes Ziel dem Klimagashandel auch wieder neues Leben einhauchen.
Realistisch ist aber wohl die Variante, dass sich die Staats- und Regierungschefs - wenn überhaupt - auf minus 40 Prozent einigen. Nur Schweden verlangt mehr. Deutschland wäre mit diesem Wert zufrieden, fordert aber, dass man sich für das kommende Jahr ein Hintertürchen für eine Verschärfung lässt. Dann soll in Paris ein neuer, globaler Vertrag zum Klimaschutz geschlossen werden. Und da möchte die Bundesregierung Optionen haben. Damit die EU dort agieren und reagieren kann, je nachdem, wie sich wichtige Partner wie die USA und China verhalten.
Östliche EU-Partner wollen auf einheimische Kohle setzen
Doch das wird schwierig, denn die östlichen EU-Partner rund um Polen wollen nicht einmal den 40 Prozent-Wert mittragen. Sie meinen mehr denn je, auf die einheimische Kohle setzen zu müssen. Die Ukraine-Krise zeige ja, dass auf klimafreundlicheres Gas kein Verlass sei - denn das komme aus Russland. Und zusätzliche Anstrengungen könne man der Wirtschaft nicht zumuten. Das gleiche Argument führt auch die deutsche Industrie an.
Hoher Pro-Kopf-Ausstoß von CO2 in Deutschland
Tatsächlich ist das Exportland Deutschland stark auf Energie angewiesen. Das zeigt sich auch am Pro-Kopf-Ausstoß von CO2. Ein Deutscher belastet das Klima so stark wie zwei Europäer aus Lettland oder der Türkei.
Der EU-Gipfel ringt auch um zwei weitere Ziele, die dem Klima nutzen sollen. Je eine Ausbauquote für Erneuerbare Energien und das Energiesparen. Wahrscheinlich bleiben die aber niedrig bzw. unverbindlich. Das ist dann eine Einladung an die Atom- und Kohlelobby. Vor allem die Briten wollen ja wieder neue Atomkraftwerke bauen und auch Kohle könnte sich wieder als Teil der Lösung des Klimaproblems verstehen: Man müsste ja nur die Abgase einsammeln und in unterirdische Lager wegsperren. Doch das ist eine ungeprüfte Technik - eine vage Hoffnung.