Bangladesch Armee kündigt Übergangsregierung an
Nach den Massenprotesten in Bangladesch und der Flucht von Premierministerin Hasina hat die Armee angekündigt, eine Übergangsregierung zu bilden. Präsident Shahabuddin ordnete an, Ex-Regierungschefin Zia freizulassen.
Die Armee in Bangladesch hat nach den wochenlangen Protesten und dem Rücktritt der Premierministerin Sheikh Hasina angekündigt, eine Übergangsregierung zu bilden. Es werde dazu mit der Opposition sowie Vertretern der Zivilgesellschaft gesprochen - nicht aber mit der Partei von Hasina, sagte Armeechef Waker-Uz-Zaman in einer im Fernsehen übertragenen Rede an die Nation.
Erste Gespräche fanden mit dem Präsidenten des Landes, Mohammed Shahabuddin, statt. Dieser bestätigte anschließend die Bildung einer Übergangsregierung.
Freilassung der Ex-Regierungschefin Zia
Zuvor hatte der Präsident bekanntgegeben, dass er die sofortige Freilassung der früheren Regierungschefin und Oppositionsführerin Khaleda Zia aus dem Gefängnis angeordnet habe. Auch inhaftierte Demonstranten sollen freigelassen werden.
Der Armeechef kündigte an, das Militär werde sich zurückziehen und eine Untersuchung der gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Militär, Polizei und Demonstrierenden einleiten. "Wir werden alle Morde untersuchen und die Verantwortlichen bestrafen", sagte er. Jetzt sei es die Pflicht der Studierenden, ruhig zu bleiben und ihm zu helfen.
Das Militär kündigte zudem an, dass die Ausgangssperre am Dienstagmorgen (Ortszeit) enden solle. Damit würden Büros, Geschäfte und Schulen wieder öffnen. "Das Land hat sehr gelitten, die Wirtschaft wurde geschwächt, viele Menschen wurden getötet - es ist Zeit, der Gewalt ein Ende zu setzen", hob der Armeechef hervor. Er hoffe, dass sich die Lage im Land nun beruhige. Allein am Montag wurden nach jüngsten Angaben der Polizei mindestens 66 Menschen getötet.
Sturm auf Residenz von Hasina
Am Morgen hatten Demonstranten die offizielle Residenz von Regierungschefin Hasina gestürmt. Auf Fernsehbildern war zu sehen, wie Tausende Menschen in den Regierungspalast in der Hauptstadt Dhaka eindringen. Auf den Straßen feierten die Menschen, einige tanzten auf einem Panzer. Später stürmten Demonstranten auch das Parlament, Häuser und Geschäfte von Hasinas Parteigenossen, Fernsehstationen, ein Museum sowie Polizeistationen, wie aus Polizeikreisen verlautete.
Hasina wurde an einen "sicheren Ort" gebracht. "Ihr Sicherheitsteam forderte sie zum Verlassen auf, sie hatte keine Zeit, sich vorzubereiten", erfuhr die Nachrichtenagentur AFP aus ihrem Umfeld. Zunächst sei die 76-Jährige in einer Wagenkolonne aus dem Palast gebracht und später per Hubschrauber aus dem Land geflogen worden. Laut indischen Medienberichten landete der Hubschrauber auf einem Militärstützpunkt nahe der Hauptstadt Neu Delhi. Von dort wollte sie ihrem Umfeld zufolge nach London weiterreisen. Wenig später meldete ein Militärvertreter ihren Rücktritt.
Schwerste Ausschreitungen seit Unabhängigkeit des Landes
Im vergangenen Monat waren Studierende auf die Straßen gegangen, um gegen Quotenregelungen bei der Vergabe von Stellen im öffentlichen Dienst zu protestieren. Dies hatte sich zu Protesten gegen Hasina und ihre Partei, die Awami-Liga, ausgeweitet. Im Rahmen dieser Proteste war es immer wieder zu gewaltsamen Auseinandersetzungen gekommen. Dabei wurden mindestens 300 Menschen getötet.
Noch im Januar war Hasina für ihre vierte Amtszeit in Folge wiedergewählt worden. Nach ihrer Wiederwahl war die 76-Jährige die Regierungschefin mit der längsten Amtszeit in der Geschichte von Bangladesh. Vor der Wahl wurden Tausende von Oppositionsmitgliedern inhaftiert und die Opposition hatte die Abstimmung boykottiert.