In Nordafrika gestrandete Flüchtlinge Vorläufige Endstation: Misrata, Libyen
Sie kommen aus Somalia oder Syrien - und wollen von Libyen aus per Boot nach Europa. Für manche heißt die vorläufige Endstation: Misrata. Hatten sie Glück oder Pech? Schwer zu sagen.
Frauen, Kinder und Männer liegen auf dem gefliesten Boden. Wer Glück hat, der hat ein Kissen oder ein Tuch, um es sich ein wenig bequemer zu machen. Für die Menschen in dem Auffanglager im libyschen Misrata geht ein Traum zu Ende - auch wenn es hier Wasser und Essen gibt und sogar ein Arzt nach ihnen schaut. Denn eigentlich war ihr Ziel Europa.
"In meinem Heimatland Somalia habe ich studiert", sagt Abdel Rashid Ali Nour. "Nun herrscht dort Krieg. Ich habe die Hoffnung auf ein Leben in Somalia aufgegeben. Deshalb wollte ich raus nach Europa."
Angst vor der Abschiebung in die Heimat
Wie Abdel Rashid sind alle Menschen in dem Auffanglager in Misrata von den libyschen Behörden aufgegriffen worden, bevor sie in eines der Schlepperboote nach Europa steigen konnten. Nun fürchten sie, dass sie abgeschoben werden, zurück in ihre Heimatländer.
Die meisten kommen aus Ländern südlich der Sahara oder aus Syrien. Viele sind vor Kriegen geflohen, wie in Somalia und im Sudan. Andere versuchen, der Diktatur zu entkommen, wie in Eritrea. Und wieder andere wollen eine Arbeit und eine Perspektive für die Zukunft.
1500 Euro - deutlich günstiger als andere Schlepperrouten
Für ihre Überfahrt haben sie und ihre Familien viel Geld zusammengelegt. Manchmal beteiligt sich ein ganzen Dorf, damit einem Einzigen die Überfahrt gelingt. Ein libysches Nachrichtenportal schreibt, dass Schlepper für 1500 Euro einen Platz auf einem Boot nach Italien anbieten. Das ist wenig im Vergleich zu den anderen Routen übers Mittelmeer. Die Kosten für den Weg vom Heimatdorf bis in einen libyschen Hafen sind darin allerdings nicht enthalten. Auch das lassen sich die Schlepper bezahlen.
Die südliche Grenze Libyens ist offen und unbewacht. Von hier kommen die meisten Flüchtlinge ins Land, und hier warten die Schlepper, um Gewinn zu machen. Das Geschäft läuft gut, und sie werden kaum gestört, denn Libyen ist selbst ein Land im Zerfall. Zwei Regierungen konkurrieren um die Macht. Milizen und Stämme kontrollieren weite Teile des Landes, einige haben die Flüchtlinge inzwischen als lukrative Einnahmequelle entdeckt.
Nur acht Boote für Hunderte Kilometer Küste
"Wir fürchten uns vor dem, was in nächster Zeit auf uns zukommt", sagt Saleh Abu Dabbous, der Leiter des Auffanglagers in Misrata. "Wenn der libysche Staat weiter nicht entschieden eingreift, wenn uns die Hilfsorganisationen und die Nationen, die die illegale Auswanderung bekämpfen, nicht bald die nötigen Mittel bereitstellen, dann werden wir vor einer massiven humanitären Katastrophe stehen."
Auch die libysche Küstenwache warnt und schickt einen Hilfsappell nach Europa. Man versuche alles, um den Flüchtlingen zu Hilfe zu eilen, sagt ein Kapitän der Küstenwache. Allerdings habe er nur achte Boote für eine Küste, die Hunderte Kilometer lang ist, und von diesen acht Booten seien zurzeit auch nur drei wirklich einsatzbereit.