Übergangsrat in Libyen gibt Macht ab "Wir schließen ein Kapitel der Diktatur"
In Libyen hat das vor etwa einem Monat gewählte Parlament offiziell die Macht vom Übergangsrat übernommen. Die emotionsgeladene Zeremonie, die unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen stand, gilt als wichtige Etappe in der Demokratisierung des Landes nach der Ära des gestürzten Diktators Gaddafi.
Fast ein Jahr nach dem Sturz des langjährigen Machthabers Muammar al Gaddafi hat in Tripolis das neue, demokratisch gewählte Parlament die Macht übernommen. Die feierliche Zeremonie in der vergangenen Nacht in einem Kongresszentrum der Hauptstadt gilt als symbolische Zäsur auf dem Weg des nordafrikanischen Staates zu demokratischen Verhältnissen. Wegen des Fastenmonats Ramadan hatten die Feierlichkeiten, an denen sich auch ausländische Diplomaten und Delegierte arabischer Staaten beteiligten, erst am späten Abend begonnen. Für Tripolis wurden schärfste Sicherheitsvorkehrungen verordnet.
Der Nationale Übergangsrat übergab nach einer Schweigeminute für die Opfer des blutigen Aufstands gegen Gaddafi die formelle Macht im Land an den im Vormonat gewählten Nationalkongress. Mustafa Abdel Dschalil, Vorsitzender des Übergangsrates, sprach von einem historischen Augenblick. "Wir schließen damit ein Kapitel der Diktatur und schlagen eine neue Seite im Aufbau des Staates Libyen auf", sagte er. Anschließend übergab er dem ältesten Abgeordneten des neuen Parlaments, Mohammed Ali Salim, eine libysche Flagge. "Wir schwören, dass wir die Ziele erreichen werden, für die die Libyer ihr Leben geopfert haben", sagte Salim.
Feuerwerk über den Dächern von Tripolis
In seiner Rede räumte Dschalil ein, dass es dem Übergangsrat "in einer schwierigen Zeit" nicht gelungen sei, landesweit für Stabilität zu sorgen. Er bot dem Parlament die Hilfe seines Rats an, um gemeinsam mit den Abgeordneten den Staat Libyen aufzubauen. Der scheidende Regierungschef Abdelrahim al Kib sagte: "Ich glaube, dass sich die Moderaten durchsetzen werden". Dies liege in "der Natur der libyschen Gesellschaft". Kib bereitete in den vergangenen Monaten einen Neuanfang auch in der Wirtschaftspolitik vor.
Nach der kurzen Zeremonie erleuchtete ein Feuerwerk den Himmel über Tripolis, während die Menschen in den Straßen feierten. "Libyen wird immer ein freies und demokratisches Land bleiben", riefen sie.
Übergangsrat läutete das Ende der Gaddafi-Ära ein
Der Übergangsrat war noch während des Volksaufstandes gegründet worden, der im Februar 2011 begann und nach sechs Monaten die Gaddafi-Herrschaft beendete. Der neue 200-köpfige Kongress wurde am 7. Juli gewählt. 120 Mandate gingen an Einzelkandidaten ohne klare politische Zuordnung. 80 Sitze wurde unter den Parteien verteilt.
Stärkste Fraktion wurde die reformorientierte Gruppierung des Technokraten und Regierungschefs der Aufstandszeit, Mahmud Dschibril. Der Nationalkongress soll eine Regierung bestimmen, die Wahl einer verfassungsgebenden Versammlung vorbereiten und ein Referendum über die künftige Verfassung abhalten. Auf deren Grundlage soll dann ein neues Parlament gewählt werden.