Abstimmung in den USA Fragen und Antworten zu den US-Kongresswahlen
In den letzten Wochen vor der Abstimmung hatte der Wahlkampf in den USA noch einmal an Fahrt zugenommen. Denn es ging um nicht weniger als einen Machtwechsel im Kongress. Aber was ist das überhaupt, der Kongress? Warum muss das Wahlergebnis außerhalb der USA überhaupt interessieren? Und welche anderen Abstimmungen standen an? tagesschau.de beantwortet die wichtigsten Fragen rund um die US-Wahlen.
Worüber wurde abgestimmt?
Zur Wahl standen alle 435 Abgeordnete im Repräsentantenhaus sowie 33 der 100 Senatoren. Senat und Repräsentantenhaus bilden den US-Kongress, der im und rund um das Capitol in Washington untergebracht ist. Um den Kongress zu passieren, muss ein Gesetz in identischer Form von beiden Kammern angenommen werden. Repräsentantenhaus und Senat sind in fast allen Punkten gleichberechtigt, eine Aufteilung in "Unterhaus" und "Oberhaus" gibt es nicht, auch wenn die Begriffe gelegentlich gebraucht werden.
Außerdem wurden in 36 Bundesstaaten Gouverneurswahlen abgehalten, unter anderem in Kalifornien, wo der gebürtige Österreicher Arnold Schwarzenegger in seinem Amt bestätigt wurde. Zusätzlich stimmten die Menschen vielerorts über lokale oder regionale Ämter und Initiativen ab. Themen waren unter anderem die Legalisierung von Haschisch, eine freiere Stammzellenforschung - oder die Verknüpfung der Wahlen mit einer Lotterie für die Teilnehmer.
Wer hatte bisher die Macht im Kongress?
Bislang hatten die Republikaner das Repräsentantenhaus und den Senat beherrscht. In der größeren Kammer hatten die Republikaner bisher 230 Plätze inne, die Demokraten 201. Dazu gab es einen Unabhängigen und drei unbesetzte Plätze. Im Senat hätten die Demokraten sechs zusätzliche Plätze ergattern müssen, um den Republikanern die Kontrolle zu entreißen.
Was versprachen die Parteien?
Das Wahlmotto der Demokraten lautete "Eine neue Richtung für Amerika". Eckpunkte ihres Programms sind eine Erhöhung des Mindestlohns, die Streichung von Steuervergünstigungen für große Ölkonzerne und die Umsetzung blockierter Vorschläge einer Experten-Kommission zur Sicherung von Häfen und Grenzen in den USA. Die Republikaner verwiesen auf eine teils boomende Wirtschaft und behaupten, die USA sicherer gemacht zu haben. Die Regierung Bush versprach im Falle eines Siegs ihrer Partei, die Steuern niedrig zu halten und jüngste Steuerkürzungen unumkehrbar festschreiben zu lassen.
Eine große Rolle spielte im Wahlkampf aber auch das so genannte "Negative Campaigning". Neben angeblichen Steuererhöhungsplänen wurden der Gegenseite mangelndes oder falsches Engagement im Kampf gegen den Terror vorgeworfen, angebliche Ehebrüche oder sonstige moralische Verfehlungen.
Wie reagierten die Republikaner auf das Irak-Desaster?
Wichtigstes Wahlthema war die Lage im Irak, der unter der Besatzung der Amerikaner im Chaos zu versinken droht. Die Republikaner verteidigen mehrheitlich den Einmarsch, den "ihr" Präsident Bush 2003 angeordnet hatte, sowie die andauernde US-Präsenz im Irak. Unter dem Druck schlechter Umfrageergebnisse forcierte die Bush-Regierung allerdings einen Zeitplan zur militärischen Machtübergabe im Irak.
Wollen die Demokraten den Abzug aus dem Irak?
Die Demokraten sind bislang uneinheitlich, was die Haltung zum Irak-Einsatz angeht. Es gibt keine klare Ankündigung, ob sie einen schnellen Abzug aus dem Land befürworten.
Wie verlief die Wahl?
Die Wahl begann am Dienstagmorgen an der US-Ostküste. Am späten Abend schlossen an der Westküste die Wahllokale (In Mitteleuropa früher Mittwochmorgen). Die Wahl wurde aber von einer Reihe von Zwischenfällen überschattet. Aus zahlreichen US-Staaten wurden Probleme bei der Stimmabgabe gemeldet. Den meisten Ärger bereiteten neue Wahlcomputer mit Berührungsbildschirmen. In vielen Wahllokalen mussten die Bürger laut Medienberichten lange anstehen und dann dennoch ihre Stimmen auf Papier abgeben.
Was passiert nach der Wahl?
Die Demokraten haben angekündigt, die Regierung Bush im Repräsentantenhaus mit mehreren unbequemen Themen zu konfrontieren. Dazu zählen der Irak-Krieg, die steigenden Kosten im Gesundheitswesen und die Bildungspolitik.
Warum muss die Welt diese Wahl interessieren?
Die Regierung Bush hatte ihre bisherige Innen- und Außenpolitik mit Hilfe eines republikanisch dominierten Kongresses durchgesetzt und finanziert. Senat und Repräsentantenhaus nickten mehrfach neue Milliardenbeträge für den Irak-Krieg und den "Krieg gegen den Terror" ab.
Die Demokraten haben nun durch den Sieg im Repräsentantenhaus ein Mitspracherecht, und Bush wird zu Kompromissen gezwungen. Ein demokratisches Repräsentantenhaus stellt die Arbeit der Regierung Bush stärker in Frage, es könnte öfter Untersuchungsausschüsse einberufen und künftig mehr Haushaltsdisziplin verlangt werden. Bushs Gestaltungsspielraum nimmt also insgesamt ab.
Welche Auswirkungen gibt es auf die Wahl 2008?
Letztlich könnte die Machtverschiebung aber auch die Weichen stellen für den Wahlkampf ums Präsidentenamt, der 2008 ansteht. Ein überzeugender Sieg der Demokraten bei der Kongresswahl bedeutet Rückenwind für ihre Kandidatin oder ihren Kandidaten für den Job im Weißen Haus.
Was kostet der Wahlkampf?
Welche Bedeutung die Abstimmung für die großen amerikanischen Parteien hatte, lässt sich auch an den Summen ablesen, die die Kandidaten für den Wahlkampf ausgaben: Mit 2,6 Milliarden Dollar (2,1 Mrd. Euro) war noch keine Zwischenwahl für die US-Parteien so teuer.
Von Christian Radler, tagesschau.de