Bush bei den Hurrikanopfern Umarmen, Küssen, keine Schuld haben

Stand: 26.08.2007 08:26 Uhr

Der medienwirksame Besuch von US-Präsident Bush in den Hurrikan-Katastrophengebieten hat in den USA Bitterkeit ausgelöst. Er habe gute Miene zum schrecklichen Szenario gemacht und wollte sich als Tröster und Retter in Szene setzen, lautet die Kritik.

Carsten Schmiester, ARD-Hörfunkstudio Washington, am 3.9.2005

Manchmal muss man deutlich werden, um etwas zu bewegen: Ray Nagin, der Bürgermeister von New Orleans, hatte das am Freitag in einem Radiointerview getan. "Jetzt bewegt endlich euren Arsch und lasst uns die größte gottverdammte Krise in der Geschichte dieses Landes bewältigen", explodierte er nach Tagen des Sterbens, des Vergewaltigens und Plünderns in seiner Stadt. Und plötzlich passierte etwas. Wenig, aber immerhin. Mit Nahrungsmitteln beladene Militärlastwagen fuhren durch die Straßen, bewaffnete Militärpolizisten tauchten auf, Bus nach Bus kam zum Footballstadion "Superdome" und zum Kongresszentrum. Die Evakuierung der dort unter unsäglichen Bedingungen hausenden rund 40.000 Menschen bekam Schwung.

Bilder des praktizierten Mitleids

Zeitgleich landete die Präsidentenmaschine „Airforce One“ in Mobile im Bundesstaat Alabama. George Bush kam zum Gucken ins Katastrophengebiet, zum Umarmen, zum Küsschengeben und vor allem - zum "Keine-Schuld-Haben". Erster Stopp - Biloxi an der Golfküste in Mississippi. Kaum ein Haus steht dort mehr. Der Präsident ging auf eine Frau und ihre Tochter zu, nahm beide in die Armee. Bilder des praktizierten Mitleids, Imagereparatur. "Es tut mir so leid für euch. Wir werden helfen."

"Die beiden haben einfach zu viel mitgemacht, Herr Präsident", entschuldigte Gouverneur Haley Barbour die Tränen im Blitzlichtgewitter der Fotografen. Das wäre mal etwas anderes auf den ersten Seiten der Zeitungen: keine Bilder von Verzweifelten, stattdessen Bush als Tröster und Retter.

Überforderte Supermacht

Aber nicht alle waren beeindruckt von diesem Auftritt. Warum kommt so wenig Hilfe, warum so spät, wurde gefragt. "Ich denke, niemand hatte mit diesem Ausmaß der Zerstörung rechnen können. Man kann sich Bilder anschauen, aber solange man das alles nicht selbst gesehen hat, kann man es sich einfach nicht vorstellen", lautet die Antwort. Jetzt ist es passiert - und die Supermacht USA ist überfordert. Logische Frage also: Meinen Sie, dass es schlau war, derart viele Kräfte im Irak zu binden, so dass sie zu Hause fehlen? Antwort Bushs: "Wir müssen dieses Land im Krieg gegen den Terror verteidigen und den Menschen hier helfen - beides wird gemacht."

Rassismusvorwürfe

Und beides nicht richtig. Im Fall Katastrophenschutz gibt Bush inzwischen zu, dass nicht alles gut läuft, er will vor allem endlich Ordnung auf den Straßen von New Orleans. Einer Stadt, in der es, wenn man die Bilder sieht, vor allem Opfer unter der farbigen Bevölkerung gibt. Auch hier Kritik an der US-Regierung, unter anderem von Elijah Cummings, der als oppositioneller Demokrat im Repräsentantenhaus sitzt. Cummings ist nicht nur entsetzt, dass Tage nach dem Sturm noch immer Menschen sterben. Er ist entsetzt, dass es vor allem in den USA ohnehin benachteiligte Menschen sind. "Es kann einfach nicht sein, dass man später sagen wird: Armut, Alter oder die Hautfarbe haben entschieden, wer diesen Sturm überleben konnte – und wer nicht", sagt er.