Proteste bei Agrarministertreffen in Brüssel 500 Millionen Euro für wütende Bauern
Die Milchbauern sind sauer: Weil sinkende Preise ihre Existenz gefährden, protestierten sie in Brüssel. Einige von ihnen errichteten brennende Barrikaden, die Polizei setzte Wasserwerfer ein. Die EU-Kommission sagte den Bauern nun 500 Millionen Euro Hilfe zu.
Begleitet von heftigen Protesten Tausender Bauern gegen den Preisverfall bei Agrarprodukten haben die EU-Landwirtschaftsminister in Brüssel Auswege aus der Milchpreiskrise gesucht. Nach Polizeiangaben legten fast 5000 Landwirte mit über 1500 Traktoren aus Belgien, Frankreich, den Niederlanden und Deutschland Teile der belgischen Hauptstadt lahm. Vereinzelt warfen sie Eier und Steine und setzten Reifen in Brand. Vor dem Sitz von EU-Kommission und EU-Rat setzte die Polizei Wasserwerfer ein, um den Durchbruch von Landwirten durch die Absperrungen zu verhindern.
Die Milchbauern sind so aufgebracht, weil sie durch den Milchpreisverfall um ihre Existenz bangen. Die Parolen auf ihren Protestplakaten in Brüssel lauteten zum Beispiel: "Bauern brauchen einen fairen Preis - 40 Cent pro Liter Milch" und "Der Milchmarkt brennt, die Politik pennt!" Es sei die dritte Krise in sechs Jahren, schimpfte der bayerische Milchbauer Manfred Gilch: "Jedes Mal läuft der Markt über, weil die Produktion über der Nachfrage liegt", sagte er. Auch ein Bauer aus dem westfranzösischen Calvados meinte: "Jeden Morgen steht man auf und verliert beim Melken unserer Kühe Geld."
Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt äußerte Verständnis für die aufgebrachten Bauern: "Die Preissituation ist für viele existenzbedrohend." Schmidt lehnte zwar eine Rückkehr zur Milchquote ab, forderte aber mittelfristig eine Stärkung der Produktions- und Absatzmöglichkeiten.
500 Millionen Soforthilfe
Die EU-Kommission stellte Soforthilfen für die Landwirte in Höhe von 500 Millionen Euro bereit. Laut EU-Diplomaten stammt die Summe aus der Abgabe, die Milchbauern zahlen mussten, wenn sie die bis zum Frühjahr geltende Milchquote überschritten hatten. Das Geld sei daher im EU-Haushalt und könne ohne Extra-Zustimmung der EU-Staaten eingesetzt werden. Schwerpunkt soll dabei sein, die finanziellen Nöte der Bauern etwa durch Bürgschaften oder zinsgünstige Darlehen abzumildern. Zudem sind Maßnahmen zur Stabilisierung des Marktes und für ein besseres Funktionieren der Handelskette geplant.
Keine Mehrheit zeichnete sich laut Diplomaten bei der Ministersitzung allerdings für staatliche Eingriffe wie etwa eine Erhöhung des Interventionspreises ab, um den Milchpreis zu stützen. Für den Preisverfall macht die EU unter anderem das russische Embargo gegen landwirtschaftliche Produkte sowie die Konjunkturabkühlung in China verantwortlich, wodurch sich das Angebot erhöht hat.